Ich sagte, daß ich nach meinen Erfahrungen befürchtet hatte, daß die Menschen recht hätten, wenn sie uns für Monster hielten
Vorgeschichte:
F2531. Danien Wolf:
Die Echsen der Polizeieinheit waren sich offensichtlich nicht darüber im Klaren, daß der Termin inoffiziell war
Ills ssa Tonar erzählt:
Gandara eine unserer menschlichen Sekretärinnen erzählte Danien Wolf, daß wir gefangengenommen worden waren und daß sie mit uns auch diese Gehorsamsübungen gemacht hatten. Danien wurde aber erst bei dem Wort Gehorsamsübungen plötzlich wirklich aufmerksam.
"Ach das erklärt einiges. Ich weiß, wie das einen fertigmachen kann."
Den Eindruck hatte ich nicht gehabt. Ich hatte ja theoretisch gewußt, daß er das auch durch hatte und in ungefähr dem Ausmaß, das ich erlebt hatte. Aber er hatte einfach nicht gewirkt wie jemand, den man mit Gehorsamsübungen fertiggemacht hatte. Wenn du mich fragst, ist der Typ gruselig. Ich widersprach ihm nicht, denn das wäre unhöflich gewesen, sagte aber, daß ich den Eindruck hatte, daß er außergewöhnlich gut damit fertig geworden ist.
"Den Eindruck habe ich auch, denn ich hatte mich vor meiner Gefangennahme um befreite Kriegsgefangene gekümmert und die meisten wirkten wie zerbrochene Puppen, die man nicht wieder auf die Beine bekommt. Allerdings hinterläßt das trotzdem Spuren, die man vielleicht nicht sofort sieht. Ich habe beispielsweise trotz regelmäßigen drängens durch ungefähr jeden, mit dem ich etwas mehr zu tun hatte, schlicht vergessen, mir eine Prothese anpassen zu lassen und bin zu dem Schluß gekommen, daß es damit zu tun hatte, daß während meiner Gefangenschaft ständig verlangt wurde, daß ich damit zufrieden zu sein hätte, daß Aannann mich bei lebendigem Leibe aufißt." antwortete er.
Das war tatsächlich ein gruseliger Effekt, mit dem ich bei diesem entspannt und selbstbewußt wirkendem Menschen gar nicht gerechnet hätte.
Ich sagte, daß ich nach meinen Erfahrungen befürchtet hatte, daß die Menschen recht hätten, wenn sie uns für Monster hielten. Er schüttelte den Kopf und meinte:
"Leider gibt es Menschen, die nicht besser sind." und wies auf seinen Leibwächter, der einer von ihren furchterregenden Fußtruppen war, gegen die kaum anzukommen ist. Der unterhielt sich gerade mit Gandara, einer unserer Telefonistinnen und erzählte ihr, wie sie einen ihrer Schiffsoffiziere mit einer elektronischen Schaltung durch einen Elektroschock umgebracht hatten, weil er veranlaßt hatte, daß einige seiner Brüder mit dem Strafer zu Tode gefoltert werden und das offensichtlich ohne Provokation, nur um zu zeigen, wer der Stärkere ist. Nun ja und offensichtlich hatte besagter Schiffsoffizier sich da getäuscht. Ich war sprachlos, als ich das hörte.
Dann wurde mir klar, daß etwas komisch war und ich sagte:
"Warum redet er so offen darüber? Die Menschen können sich doch normalerweise so unterhalten, daß wir kein Wort verstehen und sie trotzdem genau wissen was der jeweils Andere sagen will."
"Das habe ich auch gemerkt. Bei der Ausarbeitung des Friedensangebotes hat mir ungefähr jeder freigeborene Mensch hunderte an Verschwörungstheorien präsentiert, bei eurer Truppe waren es zehn bis zwanzig aber kein gezüchteter Mensch äußerte irgendetwas in die Richtung. Das kam mir komisch vor, denn es konnte einfach nicht sein, daß sie für Verschwörungstheorien nicht fantasievoll genug sind, daher fragte ich sie direkt, ob ihnen denn kein derartiger Gedanke gekommen war. Der Ingenieursoffizier der Zuchtlinie LZB, den ich zuerst gefragt hatte machte eine Andeutung, die ich zwar als Andeutung erkannte, aber nicht verstand, meine menschliche Assistentin der hiesigen Zuchtlinien hörte sich das an und erklärte, wie die Überwachungsanlagen in den Botschaftsgebäuden konzipiert sind und führte dann eine Unterhaltung mit dem Ingenieursoffizier, bei der ich zwar gelegentlich mitbekam, daß eine Andeutung gemacht und verstanden wurde, aber letztlich kein Wort verstand."
"Na du bekommst immerhin mit, daß Andeutungen gemacht werden. Ich verstehe nicht einmal das." antwortete ich.
"Das hat mir Kelo beigebracht, während er mich beim Fluchtpläne schmieden unterstützt hat. Allerdings lernt ein Erwachsener das offensichtlich nie so gut wie Menschen, dessen Muttersprache die Sprache der Andeutungen ist, da sie von klein auf darauf angewiesen sind." lieferte Danien Wolf eine Erklärung, die keine war.
Woher hatte er nach den Erfahrungen den Mut genommen, Fluchtpläne zu schmieden, die, wenn sie herausgekommen wären, zu unfaßlich vielen weiteren Foltern geführt hätten? Ich verstand den Typ nicht. Ich hatte über ein Jahr gebraucht, um den Mut zu finden, einfach nur umzuziehen und mir eine andere Stelle zu suchen, wo die Leute nicht alle wissen, daß ich wegen Verrat an der Echsenheit gefangen worden war, obwohl dieser Umzug völlig legal war. Es hatte fünf Jahre gedauert, bis mir der Gedanke kam, mir illegalerweise einen falschen Paß zu besorgen und weitere zwanzig Jahre, bis ich es wagte, diesen Gedanken umzusetzen, um mich den regelmäßigen Gehorsamsübungen zur Nachschulung, wie sie es nannten, zu entziehen. Und wie verängstigt ich war, als herauskam, daß dieses Untertauchen nicht wirklich geglückt war, sondern daß sie tatsächlich genau gewußt hatten, daß die Liga für die Rechte unserer gehorsamen Menschen noch existiert, läßt sich gar nicht in Worten ausdrücken. Was war Danien Wolf für ein Mensch, daß er sofort nach den Gehorsamsübungen mit Fluchtpläne schmieden beginnt und die innerhalb eines halben Jahres, wenn ich das richtig verstehe, fast zur Umsetzungsreife bringt? Unfaßlich!
"Die Zuchtmenschen haben den Krieg gegen die kriminellen Adeligen übrigens gewonnen, nur hatten sie kein Interesse daran, das ganze System umzustürzen, deshalb erscheint es oberflächlich betrachtet, als wäre alles beim Alten. Allerdings ist es inzwischen nahezu vollständig verboten, den Strafer zu benutzen und seine endgültige Abschaffung wird diskutiert." erklärte Danien Wolf.
Der Leibwächter, der mit Gandara sprach, sagte zu uns, er wolle uns etwas zeigen, ging an einen der Computer und forderte mich auf, mich hinzusetzen und ein bestimmtes Codewort einzugeben. Ich tat das und landet bei einem Forum, in dem diverse Zuchtmenschen aus unserer und den Menschenreichswelten darüber diskutierten, wie sie die Welt verändern wollten und wie man dazu am Klügsten vorgeht. Ich war zuerst erschrocken, das zu sehen, schließlich bin ich eine Echse. Dann las ich mich rein und entspannte mich. Zentrales Thema war, daß sie die Gehorsamsübungen abschaffen wollten, weil sie so grausam waren und wie man das am Besten anstellt. Die gemachten Vorschläge waren nichts, wovor man Angst haben muß und dem Ziel konnte ich nach meinen eigenen Erfahrungen nur zustimmen. Mir war schon früher aufgefallen, daß Zuchtmenschen nicht wirklich wissen, wie viel Schaden die Gehorsamsübungen in ihrer Seele angerichtet haben, da sie sich nicht ohne diesen Schaden kennen und deshalb nicht ahnen können, wie es wäre, seelisch gesund zu sein. Hier in der Diskussion bestätigte sich das wieder, denn ich hätte viel klarere Worte gefunden. Im Augenblick beschränkte ich mich aber darauf zu lesen und überlegte, wie man damit am Besten umgehen sollte, denn ich bin eine Echse und ich möchte nicht irgendwelche Racheaktionen abbekommen. Ich würde mich an der Diskussion beteiligen, aber erst wenn ich mir überlegt hatte, wie ich vorgehen wollte. Ich würde mich auch daran halten, daß ich andere Echsen nicht in das Zuchtmenschennetz, wie sie es nannten, einführe, ohne mir die Erlaubnis der Zuchtmenschen eingeholt zu haben.
Fortsetzung:
F1549. Danien Wolf:
Sie sagten "Das haben wir immer schon gemacht und unsere Menschen sind doch gerne unsere Malzeiten."