Es ist eins, wenn der Körper den Dienst versagt und etwas anderes, gegen das Gewissen zu handeln
Vorgeschichte:
F2539. Err ssa Diama:
Wenn Danien eine Echse gewesen wäre, hätte ich mir mindestens zehn Eier von ihm gesichert
Danien Wolf erzählt:
Ills ssa Tonar kam nach meinem Besuch bei Err sa Diama zu mir und behauptete, daß ich verrückt wäre.
"Wieso ich habe doch nur klar gemacht, daß Err sa Diama euch unbedingt braucht." gab ich halb im Scherz zurück.
"Ja aber ich werde die alten Ängste einfach nicht los!" antwortete er offensichtlich sehr frustriert.
"Menschen reagieren anders auf Streß als Echsen, aber während der Friedensverhandlungen bin ich auch manchmal in Tränen ausgebrochen oder habe sonst so reagiert, daß das richtig peinlich war, weil offensichtlich war, daß ich mich körperlich gar nicht mehr unter Kontrolle hatte, wegen dem ganzen Streß. Aber wichtig ist nicht, ob das einen peinlichen Eindruck macht, sondern ob du, sobald du wieder reden kannst, die richtigen Dinge sagst. Außerdem konntest du ihr zu dem Zeitpunkt sowieso nichts Sinnvolles sagen, weil du das erst mit deinen Leuten absprechen mußt, damit sie sich nicht verraten fühlen." erklärte ich.
Ihm war anzusehen, daß ihn der Gedanke genauso einleuchtete, wie er einem Menschen der sich vor Angst in die Hose gemacht hatte, eingeleuchtet hätte. Und ich war mich sicher, daß er niemanden verraten hatte, schließlich hatte er das die ganzen Jahre, wo er ständig gefoltert und unter Druck gesetzt worden war, nicht getan. Es ist halt eine Sache, wenn einem der Körper den Dienst versagt und etwas völlig anderes, wenn man gegen das Gewissen handelt. Den Satz sprach ich dann auch aus.
"Damit hast du völlig recht." sagte er und wirkte gleich viel selbstbewußter.
Ich wollte zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen, als er unvermittelt fragte:
"Woher hast du eigentlich damals den Mut genommen, diese legendäre Barbarendiskussion zu führen?"
Ich stutzte, dann überfiel mich das Gefühl der völligen Hoffnungslosigkeit, das ich an dem Tag gehabt hatte wieder, ich lachte und antwortete:
"Ach weißt du, da hatte ich einfach völlig die Hoffnung verloren gehabt und da ich dachte, daß ich sowieso nichts mehr zu verlieren hatte, wollte ich ihnen zumindest allen mal die Meinung gesagt haben."
Ich schilderte die Situation, wo mir gerade das Bein amputiert worden war und deshalb mein gerade fertiger Fluchtplan in sich zusammengebrochen war noch einmal, um klar zu machen, warum ich damals in dieser Stimmung war.
"Hattest du denn keine Angst vor dem Strafer?" fragte er.
"Ich kannte Aannann gut genug, um zu wissen, daß er mich nicht dafür bestraft, wenn ich meine ehrliche Meinung sage." erklärte ich.
Ich kam wieder auf das eigentliche Thema zurück, indem ich Ills ssa Tonar sagte, daß wir seinen Leuten unbedingt heute noch erzählen müsse, daß Err sa Diama die Liga gerne benutzen will, um die Echsen als menschenfreundlich darzustellen, damit sie mindestens eine Nacht drüber schlafen können, ehe er endgültig eine Entscheidung treffen kann, denn wenn sie durch den Schock emotional genauso ausgeschaltet sind wie er bei dem Gespräch mit ihr war, dann können sie genauso wenig denken, wie ein Mensch es in so einem Fall könnte.
"Menschen können dann auch nicht denken?" fragte er.
"Menschen können das dann auch nicht, ja." antwortete ich.
"Ich dachte, das wäre bei euch anders!"
"Nein, nicht wirklich. Ihr habt eine Totstellreaktion, die so gut funktioniert, daß wir in der militärischen Ausbildung gesagt bekommen haben, daß wir jede tot erscheinende Echse noch einmal totschießen sollen, weil sie uns sonst von hinten angreifen. Aber denken können wir in sehr emotionalen Situationen genauso wenig wie ihr und es ist bei Menschen in solchen Fällen genauso klug, ihnen eine Nacht zum drüber schlafen zu geben, wie bei Echsen." erklärte ich.
"Mit Donharr dhi Khannch müssen wir auch reden."
Verwirrt sah ich ihn an, überlegte und fragte dann:
"Gehört er denn zur Liga?"
"Nein, aber das Gespräch mit Err sa Diama hat bei ihm stattgefunden und sie hatte gar nicht gewußt, daß ich auch da bin."
"Dann wird er sich zuerst an seinen eigenen Kreis wenden. Aber wenn er Gesprächsbedarf hat, müssen wir unbedingt für ihn da sein." sagte ich und fragte Deris LZB83-541-27, ob er sich darum kümmern könnte, daß Khannch auf alle Fälle durchgestellt wird, wenn er sich meldet, was er bestätigte. Nachdem Deris drei Wochen lang jeden meiner als höfliche Frage formulierten Befehle zu meiner absoluten Zufriedenheit befolgt hatte, hatte er mich plötzlich gefragt, warum ich ihm denn keine Befehle gebe. Ich hatte ihn verdutzt angesehen, denn mein direkt vorhergehender Satz war eben ein höflich formulierter Befehl gewesen. Das sagte ich auch und erhielt zur Antwort: "Nein, das war nur eine Frage." Dann erst begriff ich und erklärte ihm, daß es bei uns üblich ist, Befehle als höfliche Fragen zu formulieren, wenn die Zeit für solche Umstände vorhanden ist, daß das aber durchaus ein Befehl ist. Er solle zwar sagen, wenn es einen triftigen Grund gäbe, es anders zu machen, aber selbstverständlich würde ich normalerweise erwarten, daß er meine als Frage formulierten Befehle ausführt. Mir wurde damit aber klar, warum niemand den Glühwürmchenoffizieren ihren harschen Befehlston übel genommen hatte. Für die Zuchtmenschen war das einfach nur ein Befehl und so lange sie sich auf Worte beschränkten und angemessene Kritik sinnvoll berücksichtigten, wurden sie von Untergebenen nicht als unfreundlich wahrgenommen, während ich mich in einem solchen Fall schon gegen den unhöflichen Ton eines Glühwürmchen-Vorgesetzten verwehrt hatte und dann von eben diesen Vorgesetzten als impertinent bezeichnet wurde. Ich hatte das damals nicht, wie ich es heute tue, als kulturellen Unterschied eingestuft, sondern fand ihn unfaßbar arrogant. Dira hatte dann den Glühwürmchen und den Löwen getrennt einen Vortrag über Umgangsformen und kulturelle Unterschiede gehalten. Danach fand ich sie immer noch unfaßbar arrogant und sie uns wahrscheinlich immer noch impertinent, aber wir hatten begriffen, daß wir gefälligst zusammenzuarbeiten und uns anständig zu benehmen hatten. Bis ein gewisses gegenseitiges Verständnis entstanden war, dauerte es dann aber noch ein Weilchen. Ich hatte jedenfalls erst, als ich mich mit einem Glühwürmchen befreundet hatte, begriffen, daß erlernte Umgangsformen nicht dasselbe sind wie Charaktereigenschaften.
Fortsetzung:
F2631.
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F2547. Ills ssa Tonar:
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