Reinkarnationserinnerung - Ein Kriegerleben

FA25.

Im Fürstenhof

Im darauffolgenden Jahr erfuhr ich über die Dörfler, daß der Fürst eines benachbarten Landes mich gerne als Lehrer für seinen Sohn anstellen würde.

Daraufhin ritt ich in sein Land, unterhielt mich mit dessen Bauern und erfuhr, daß er bei diesen als guter Herrscher galt. Deshalb war ich der Ansicht, daß es in Ordnung sein mochte, ihm zu dienen. Also ritt ich zu seinem Hof und stellte mich dort vor. Über Unterbringung und Gehalt hatten wir uns schnell geeinigt. Dann begann ich den Jungen auszubilden.

Am Anfang war die Frau des Fürsten sehr zufrieden mit meiner liebevollen und geduldigen Art, mit dem Jungen umzugehen, der fürst aber fand mein Vorgehen zu weich. Ich sagte ihm nur, daß ich genauso ausbilden würde, wie ich es von Zuhause gewöhnt sei - und unabhängig von hart oder weich seien wir die besten Krieger, von denen ich in meinem Leben gehört hätte.

Nach einer Woche dann setzte ich die erste überlange Kampfübung an, bei der ich den Jungen den ganzen Tag gegen mich trainieren ließ, ob er wollte oder nicht. Am Abend, ich die Übung beendete, lobte der Fürst meine angeblich zum besseren geänderten Methoden überschwenglich, seine Frau aber war nicht bereit, mit mir auch nur ein Wort zu reden, schnappte ihren Sohn, tröstete ihn, brachte ihn zu Bett und hielt die Nacht bei ihm wa- che. Ich war verblüfft über diese harte Reaktion, sah aber, daß der Junge den Trost bekam, den er jetzt brauchte, bat einen der Wächter mich zur Mitternachtswache zu wecken, damit ich sie bei der Wache am Bett ihres Kindes ablösen konnte und ging erst einmal schlafen.

Als ich dann nachts in das Zimmer des Kindes kam fragte die Mutter mich feindselig, was ich hier suche.
"Ich wollte dich bei der Wache am Bett ablösen." antwortete ich.
"Aber warum denn?"
"Weißt du, auf was für Ideen Kinder am nächsten Morgen nach der ersten so langen Kampfübung manchmal kommen? Glaub mir, da muß jemand da sein und sich um sie kümmern." antwortete ich.
"Aber warum machst du dann erst so etwas?" fragte sie.
"Weil er lernen muß, einen solchen Tag durchzuhalten. Im Kampf kann man nicht einfach sagen "ich kann nicht mehr" und mittendrin aufhören. Man muß kämpfen oder man ist tot." sagte ich.
"Aber warum hast du dann die ganze Woche davor nicht so geübt?" "Weil er sonst die Technik nicht richtig lernen würde. Und die Liebe. Die Ausbildung des Kriegervolkes ist, soweit ich das beurteilen kann, die härteste Kriegerausbildung, die es gibt oder gab. Dennoch ist in den ganzen Jahren, die ich im Kriegerdorf verbrachte, kein Kind an ihrer Härte gescheitert. Ich sah später, bei dem Heer, wo ich mal als Geisel mitziehen mußte, wie dort Kinder mit viel geringeren Anforderungen nicht zurechtkamen, sich machmal weigerten, jemals wieder eine Waffe in die Hand zu nehmen, oder an der Überforderung körperlich erkrankten. Im Kriegerdorf dagegen wuchs und wächst jedes Kind zu einem nach gewöhnlichen Maßstäben sehr gutem Krieger heran, gleich ob es klug oder dumm, geschickt oder ungeschickt, stark oder schwach war. Bei uns sagt man die Menschen Außerhalb können nicht richtig lachen, nicht richtig weinen und nicht richtig glücklich sein." erklärte ich.
"Und nicht richtig kämpfen." meinte sie.
"Das auch - aber das können unsere Bauern auch nicht."
"Verachtet ihr die Bauern nicht?"
"Nein. Die Bauern sind heilig."
"Sie sind was?" fragte sie ungläubig.
"Die Bauern sind heilig. Ihre friedliche Lebensweise ist ein Überbleibsel aus der Glücklichen Zeit, die vor der unseren war. Damals gab es keinen Krieg und alle Menschen waren friedlich wie sie. Wenn wir ihren Frieden nicht schützen würden, wäre unser Leben sinnlos." erklärte ich.
Die Frau lachte.
"So, so - heilig. Laß das man meinen Mann nicht hören - ich glaube, das wird er nicht mögen, wenn du das dem Jungen beibringst." sagte sie.
Dann würde ich wohl Streit mit ihm bekommen. Denn ich würde es dem Jungen beibringen, weil es wahr war.

Der Fürst fand es die nächsten Tage sowieso nicht gut, weil ich in die alten scheinbar weichlichen Lehrmethoden zurückfiel. Ich sorgte dafür, daß er außer mit mir auch mit jedem einzelnen anderen Krieger seines Vater trainierte und sprach seine Fehler und Stärken mit ihm durch. Es dauerte fast ein Jahr, bis der Fürst wirklich begriff, daß diese Unregelmäßigkeit und der ständige Wechsel der Lehrmethoden Absicht waren. Dabei habe ich es ihm mehrfach erklärt.

Bis ihm klar wurde, welches Weltbild ich seinem Sohn vermittelte, dauerte dagegen fast drei Jahre. Auch da begriff er nicht den Sinn dieses Unterrichts, verstand nicht, daß es einen erheblichen Unterschied macht, ob ich den Bauern erzähle, welche Bedeutung sie haben oder deren zukünftigen Herrscher diese Bedeutung erkläre. Er verstand nicht, warum ich dafür sorgte, daß der Junge gute persönliche Beziehungen zu einigen Bauernjungen aufbaute. Der Junge aber verstand es sehr wohl. Ich verbrachte ja auch jeden Tag viele Stunden mit ihm, während ich mit dem Vater kaum mehr als eine halbe Stunde am Tag deden konnte.

In den drei Jahren wurde aus dem immer quengeligen verwöhnten Balg, das meinte, ein Anrecht darauf zu haben, daß jeder nur sich um ihn kümmert, ein immer fröhlicher junger Mann, der sich bemühte, Lösungen für die Probleme seiner Freunde und Mitmenschen zu finden. Und in meinen Augen war das ein viel wichtigerer Erfolg meines Unterrichts, als daß er kämpfen lernte.

Die Mutter beobachtete die Veränderungen und war darüber erfreut. Der Fürst begriff nicht einmal annäherungsweise, daß ich dem Jungen beibrachte, glücklich zu sein, sah nur, daß er plötzlich forderte, daß es den Bauern besser gehen sollte und war empört.

Ich weiß nicht wie ich ihm hätte erklären sollen, daß es im Kriegerdorf eben deshalb auch für die Krieger Glück und Wohlstand gab, weil es den auch Bauern gut ging.

Wie die Bauern hier lebten, lebte bei uns kein Hund. Wie die Fürsten hier lebten, erschien mir kaum besser als unser Leben. Und es lag eben daran, daß bei uns nicht regelmäßig die Kinder der Bauern und angestellten Krieger so verarmten, daß sie in die Berge flohen und als Räuber ihr Glück versuchten. Es war bei uns eben von vorneherein klar, daß auch die nächste Generation nicht mehr Land würde zur Verfügung haben, und daß deshalb im Bauerndorf eine ausreichende Geburtenkontrolle betrieben werden mußte. Während hier kein Bauer die Garantie hatte, daß seine Kinder gesund erwachsen wurden - also bekam er mehr Kinder, als auf seinem Hof später würden leben können, damit wenigstens eines übrigblieb, um ihn im Alter zu versorgen.

Im vierten Jahr dann bekam ich Streit mit dem Fürst. Jeden Tag - und es wurde immer schlimmer. Schließlich hetzte er seine gesamten Krieger auf mich und ich floh. Bei dem Kampf hatte ich keinen von ihnen verletzt.

Kersti


FA26. Kersti: Fortsetzung: Den Tod auf die Reise schicken...
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FAI. Kersti: Inhaltsübersicht: Ein Kriegerleben
FA1. Kersti: Zum Anfang: Mein erster Kampf
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Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
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