FD14.

Was heißt tot?

Eines Tages kam Kores wieder zu mir und sagte:
"Torey, du mußt zur Operation."
"Was machen sie diesmal?"
Kores schwieg bedrückt. Ich frage noch zwei mal nach, dann sagte ich:
"Diesmal komme ich nicht zurück, weil sie mir so viel abschneiden, daß nichts übrigbleibt, oder?"
"Warum glaubst du das?"
"Das ist nur logisch. Jedemal, wenn sie einen holen, dann schneiden sie ein Stück ab und bringen den Rest zurück. Und wenn sie ihn nicht mehr zurückbringen, dann ist nichts mehr übrig." sagte ich.
"Wenn sie ihn nicht mehr zurückbringen, ist er bei der Operation gestorben." korrigierte Kores.
"Was heißt gestorben?" fragte ich.
"Ja - tot."
"Was ist tot?"
"Na tot eben - sag mal weißt du nicht, was tot ist?" fragte er fassungslos.
"Nein. Kann man wirklich irgendwann weggehen und keine Schmerzen mehr haben und das Kaputtgeschnittene bleibt dann einfach liegen?" fragte ich.
Kores antwortete nicht. Diese Frage fand er zu verblüffend. Er schob mein Bett nur schweigend zum Operationssaal. Schließlich sagte er dort angekommen.
"Ja. Nein. Ich weiß nicht. Du wirst es bald wissen..."
Auf meine weiteren Fragen hin erklärte er mir genau, was für eine Operation geplant ist. Der Original-Torey bekommt meine Wirbelsäule, die Lunge und den Brustkorb, denn sein Oberkörper ist durch einen Unfall völlig zerschmettert, sein Herz, das eigentlich meines ist, ist noch zu retten. Dazu bekommt er Muskeln - teils von mir teils von dem älteren Reserve-Torey und der ältere Reserve-Torey bekommt dann von mir alles, was noch übrig ist. Das heißt er hat dann zum ersten mal seit seiner Geburt wieder einen Arm - und vielleicht kann er sprechen lernen mit den Teilen, die er von meinem Kopf bekommt.

"Diesmal war es kein Leichtsinn. Er hat drei einfachen Arbeitern das Leben gerettet und es wären sicher noch viele verletzt worden, wenn er nicht das getan hätte, wobei er so verletzt wurde." erklärte mir Kores.
Darüber freute ich mich, denn der Original-Torey, den ich kennengelernt hatte, dem wäre es völlig egal gewesen, was aus einfachen Arbeitern wird. Früher hat er mal welche zu seinem Vergnügen erschossen. Und der kleine Torey ist gesund und wird zu seinem Nachfolger erzogen.

Die Operation war wieder mal eine grausame Quälerei. Jeder einzelne Teil meines Körpers wurde abgeschnitten und fortgetan, während ich da lag und nicht sterben konnte, denn das Fallenfeld, das mich im Körper festhielt, war noch aktiv. Mir tat jeder fehlende Körperteil weh, als wäre er in kochendes Wasser getaucht worden, nur viel schlimmer.

Und irgendwann lag nichts mehr auf der Liege nur der Schmerz war immer noch da - bis sie endlich den Strahler ausstellten - und dann war der Schmerz plötzlich weg - und ich konnte wirklich gehen und hatte keine Schmerzen mehr.

Gleichzeitig aber erinnerte ich mich wer ich war.

Kersti


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