erste Version zwischen dem 02.06.06 und dem 01.05.07

Das Drachenreich: Ich bin ein Zentaur

FE7.

Humbolds Strafe

Vorgeschichte: F87. Kersti: D

Gats der Leiter der Lebensforschungsanstalt Dulitz erzählt:
Es gibt Dinge, die dazu führen, daß ich mich selbst hasse, daß ich mein Leben hasse, daß ich stundenlang grübele wie ich sie ändern kann - und dann doch nichts weiß, was ich tun könnte.

Der Forschungsantrag von Humbold, dem Sadisten war so ein Beispiel. Humbold war bekannt in der Wissenschaft - und bei anständigen Forschern verhaßt. Doch es gab leider genug sadistisch veranlagte Leute, die seine sogenannten "Forschungsberichte" nur kauften, um sich an der Qual von Humbolds wehrlosen Opfern aufzugeilen.

Jorian war schon mal mit Humbold zusammengestoßen, und es ist nicht so ganz klar, was der Zentaur eigentlich mit dem Sadisten angestellt hat, doch es muß Humbold Angst gemacht haben, denn er hat keine weiteren sadistischen "Experimente" gemacht, bis sie Jorian in den Regenerator steckten, um ihn als Organspender für diverse wissenschaftliche Versuche zu mißbrauchen. Dann aber war alles wieder beim Alten.

Humbold hatte nun einen Forschungsantrag auf Jorian gestellt: Er wollte ihm das Fell abziehen. Und er hatte eine ruinösen Preis dafür geboten und verlangt, daß Jorian im Vorhinein nicht von dem Versuch erfährt.

Leider war mir der Institutspsychologe auf der Suche nach einer Lösung keine Hilfe.
"Bei jedem anderen könnte man argumentieren, daß seine Arbeitsleistung zu sehr unter dem Schock leiden würde. Aber das nimmt uns bei Jorian niemand ab." meinte er.

Geli das Rattenwesen erzählt:
Als der Zentaur das erste mal in unser Zimmer kam, dachte ich, sie haben ihn gebracht, um ihn zu sezieren, weil es bei ihm mit der Arbeit nicht so klappt. Aber sie haben gesagt, daß er in Wirklichkeit der stellvertretende Institutsleiter ist.

Er hat dafür gesorgt daß unsere liebe Menschenmama Gema zurückgekommen ist. Und daß wir einen Test machen und jeder der ihn besteht darf nie mehr seziert werden, weil das mit der Arbeit nicht klappt. Der Test war eigentlich ganz einfach. Es gibt im Haus nämlich ein Gehirn, mit dem man reden kann. Das hatte uns nur bisher niemand gesagt. Und der Zentaur hat gesagt, wir müssen einen Kamerahelm aufsetzen damit das Gehirn sehen kann was wir arbeiten und dann hat uns das Gehirn immer genau gesagt, was wir tun sollen, wenn wir in die Kabelkanäle gehen, um dort zu arbeiten. Wir haben fast alle den Test bestanden und dann durfte uns niemand mehr sezieren.

Aber damit, daß sie den Zentaur sezieren wollten, hatte ich doch irgendwie recht. Nach einer langen Zeit, wo er nicht gekommen war, kam er wieder und hatte kein Fell. Und er erzählte daß sie ihm das Fell abgezogen hatten. Die Haut war inzwischen wieder nachgewachsen, aber mit den Haaren dauert das halt ein bißchen länger.

Mama Gema meinte, es hätte ihm nicht wehgetan, weil er nicht geweint hat. Aber das weiß ich besser. Wenn ein Nichtmensch wie wir immer weint, wenn etwas wehtut, dann tut man nämlich gar nichts anderes mehr als weinen.

Gats der Leiter von Dulitz erzählt:
Als ich mich entschuldigte, weil sie ihm das Fell abgezogen haben meinte Jorian:
"Ich weiß doch, daß du dein Bestes getan hast, um es zu verhindern."
Aber er war ziemlich wütend, daß ich es ihm nicht vorher erzählt hatte.
"Du weißt doch, was ich für eine Fantasie habe. Wenn ich mir nicht sicher bin, daß ich alles im Vorhinein erfahre, denke ich mir tausend schlimmere Sachen aus, als sich diese vermaledeiten Wissenschaftler je würden einfallen lassen!"
Als ich ihm erklärte, daß ich ihm das nicht hatte sagen dürfen, weil eine Klausel im Arbeitsvertrag das verbot, meinte er in einem übertrieben kläglichen Tonfall:
"Aber du hättest doch wenigstens bei der Geheimhaltung ein wenig schlampig sein können!"
Ich lachte wie über einen Scherz, dachte mir aber, daß das durchaus ein praktikabler Vorschlag bei Jorian war, der garantiert immer vollständig über alles informiert ist, was er nicht wissen soll, wenn die Geheimhalter genau Dienst nach Vorschrift machen. Ganz so lasch zu sein, wäre natürlich zu auffällig. Aber ich konnte schon dafür sorgen, daß Jorian immer ein Hintertürchen offen blieb, durch das er ungesehen an meine Daten kommen kann.

Und der Institutspsychologe behielt recht. Jorian ließ sich einen Computer zum Regenerator bringen und arbeitete sofort weiter, als sei nichts geschehen.

Jorian erzählt:
Humbold der Sadist bringt wirklich die schlechtesten Seiten in mir zum Vorschein. Als er mir das Fell abgzogen hat, dachte ich nur darüber nach, wie ich ihn fertigmachen könnte. Ich war so wütend wie noch nie in meinem Leben.

Und ich fand eine Lösung für mein Problem. Ich schreib ein Buch über Humbold, in dem ich sein sadistisches Verhalten, seine wissenschaftliche Nutzlosigkeit und den Schaden analysierte, den ein Mensch wie Humbold der Außenpolitik unseres Sternenreiches zufügt. Ich rechnete haarklein aus, warum die Kosten die ein solcher Mensch hervorruft, das Einkommen bei weitem übertrefen, das die staatlichen Institute erwirtschaften, indem sie seine Forschungsanträge annehmen.

Ich erschrak, über die eiskalte Befriedigung, die ich empfand, als Humbold danach nie wieder ein Buch verkaufte, nie wieder einem seiner Forschungsanträge stattgegeben wurde und er innerhalb weniger Jahre verarmte, sich an den Staat verkaufen mußte und dann in der Falle landete, in der viele gebildete Menschen landen, die nicht genug Geld haben, um sich notfalls freizukaufen. Er sollte zum Gehirnschiff umoperiert werden. Aber etwas ging dabei schief. Ich weiß nicht, ob es Absicht war, den Humbold war vielen Menschen verhaßt. Doch bei der Operation starb ein Teil von Humbolds Gehirn ab und er wurde in eine Mine eingebaut, in der Schwerverbrecher unter üblen Bedingungen arbeiten und mußte dort für den Rest seines künstlich verlängerten Lebens Sträfinge beaufsichtigen.

Ich finde richtig erschreckend, welch kalte Befriedigung ich empfand als ich das hörte. So will ich über niemanden denken! Aber ich muß zugeben, ich gönnte ihm das so richtig.

Kersti

Fortsetzung:
FE8. Kersti: Der Institutspsychologe

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben