Gefallene Engel


Der Untote

FF4.

Das magische Amulett

Eines Tages stürzte ich in eine Falle. Sie war tief und ich brach mir ein Bein. Also war das erste, was ich tat, diesen Bruch zu heilen. Dann schaute ich, wie ich herauskommen könnte - doch sie war so gebaut, daß ein gesunder Mensch Schwierigkeiten haben würde, sie zu verlassen. Trotzdem war es wohl eine kluge Idee, es wenigstens zu versuchen. Ich stand auf und betrachtete die Wände der Falle. Sie waren sorgfältig geglättet, und doppelt mannshoch. Aber irgendwie würde ich schon etwas finden, an dem es sich hochklettern ließe. Da hörte ich Schritte. Die Ränder der Tarnung der Falle wurden zur Seite geräumt und ein Mann sah zu mir herab. Ich blickte schweigend zu ihm auf und erwartete, daß er begann, meinen Körper zu zerfetzen wie alle Menschen das tun.
"Ha, endlich habe ich dich." rief er laut.
Da er keine Anstalten machte, mich zu töten, war ich äußerst verwirrt.
"Und? Was bringt dir das jetzt?" fragte ich zurück.

Er ließ das Ende eines dünnen Bandes zu mir herunterfallen und befahl mir, eine Strähne meines Haares daran festzubinden, dann würde er mich freilassen. Ich schnitt eine Strähne ab, band sie fest und wunderte mich. Er zog sie hoch. Ich hörte wie er oben etwas tat und rätselhafte Worte flüsterte. Schweigend wartete ich, bis er fertig war und fragte mich, was das sollte. Dann warf er mir eine Strickleiter herunter und befahl mir hochzukommen. Ich gehorchte und war noch verwirrter, weil er offensichtlich keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen hatte, um mich festzuhalten. Er wirkte einfach zu sorglos - was mich sehr beruhigte, denn die Menschen hatten mich immer nur aus Angst angegriffen. Nur verstehen tat ich es nicht.

"Knie nieder!" befahl er scharf und fuchtelte mit einem merkwürdigen Amulett herum.
Ich sah ihn verwirrt an und beschloss mitzuspielen, einfach um herauszufinden, was er sich bei dem ganzen Zirkus dachte. Ich kniete nieder. Abgesehen davon war er seit sehr langer Zeit der erste Mensch, der mit mir redete und ich wollte, daß das so bleibt.
"Erstarre!"
Ich blieb unbeweglich knien und fragte mich, ob er wirklich glaubte, Macht über mich zu haben. Er kam her und gab mir eine gepfefferte Ohrfeige, so daß ich hinfiel. Ich tat so, als könnte ich mich nicht bewegen.
"Siehst du, du mußt mir gehorchen und kannst nichts dagegen tun." sagte er.
Er glaubte es wirklich. Ich fragte mich, wo er das Märchen herhaben mochte.

"Steh auf." "Folge mir."
Ich gehorchte seinen nächsten beiden Befehlen und folgte ihm neugierig, wo das wohl hinführen mochte, zu seinem Haus.

Dort stand eine Käfig bereit und er befahl mir hineinzugehen. Einen Augenblick zögerte ich, dann gehorchte ich. Wenn er glaubte, mich unter seiner Gewalt zu haben, war anzunehmen, daß er keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen treffen würde, eine Flucht zu verhindern, wenn er etwas Häßliches mit mir vorhatte. Sollte es nur Sklavenarbeit sein, würde ich die tun und froh sein, unter Menschen leben zu dürfen. Abgesehen davon erbrachte eine kurze Untersuchung des Käfigs das Ergebnis, daß meine Kraft ausreichen würde, die Hinterwand mit ein paar festen Handkantenschlägen in Kleinholz zu verwandeln. Ich war stärker als Menschen und das wußte er nicht oder hatte es nicht bedacht.

Kersti

Quelle: Erinnerung an ein eigenes früheres Leben


FF5. Kersti: Folgendes: Warum hast Du ihn nicht umgebracht?
FF3. Kersti: Voriges: Leichenkörper
FFI. Kersti: Inhalt: Gefallene Engel
V4. Kersti: Merkwürdige Erfahrungen
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
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