erste Version: 3/2011
letzte Bearbeitung: 7/2012
Vorgeschichte:
FF109.
Als der Wald mich selber in die Höllen schickte, war ich erleichtert
Lo'ki'ah'tjo, ein Loki-Anteil erzählt:
Ein Ahriman-Anteil führte mich zu dem Ort in den unteren Höllen, an dem ich arbeiten sollte. Ahriman hat in den Höllen ein System an sicheren Räumen und manchmal auch kürzeren Gängen. An diesen Orten machten wir Pause und er erklärte mir jeweils sorgfältig das nächste Stück Weges.
"Das ist, damit du auch dann ankommst, wenn mir unterwegs etwas passieren sollte." erklärte er.
Ich nickte und prägte mir jedes Wort sorgfältig ein.
Wir kamen ohne Probleme fast bis zum Ziel, so daß es mir schien, als wäre die Sicherheitsmaßnahme nicht mehr als eben eine Sicherheitsmaßnahme und Ahrimans sicheres und entspanntes Auftreten würde widerspiegeln, daß er sehr souverän in den Höllen zurechtkommt. Dann kam plötzlich direkt vor uns ein großer Satan aus einem Seitengang. Ich erstarrte. Der Satan auch. Ahriman spurtete an dem Satan vorbei direkt in den Seitengang hinein und lenkte damit den Satan von mir ab. Sobald er mir den Rücken zugewandt hatte, rannte ich zum nächsten sicheren Raum und warf mich dort zu Boden. Das war die Anweisung, die ich bekommen hatte.
Dann fragte ich mich, was ich jetzt tun sollte. Ich war allein, denn es war nur ein kleiner Schlupfwinkel. Ich wußte nicht, wie es weitergehen sollte und nicht wo mein Ziel war. Was war, wenn er dem Satan nicht entkam? Wenn der Ahriman-Anteil, der mich geführt hatte, gefressen worden war? Er hatte mir gesagt, daß ich auf alle Fälle warten sollte, bis er kommt. Aber was war, wenn er nicht kommt?
Ich wartete recht lange, da ich dachte, es wäre klüger zu warten, bis durch Zufall ein anderer Ahriman kommt, statt in meiner Unwissenheit irgendeinem Satan in die Finger zu laufen. Doch am Ende kehrte tatsächlich mein eigener Führer zurück. Er betrat völlig ruhig den Schutzraum und sagte:
"Ah - da bist du also. Gut gemacht."
Ich sah ihn an und erstarrte als ich die Brandwunde sah, die seinen halben Körper bedeckte.
"Ich wollte mich eigentlich rechtzeitig in Asche verwandeln, bevor mich das Feuer trifft, war aber etwas langsam." erklärte er immer noch völlig entspant und ruhig, "Kannst Du das heilen?"
Ich sah mir die Wunde genauer an.
"Ja, das müßte ich hinkriegen."
"Sonst hätte ich Fenrir gefragt. Er kann so etwas ganz gut."
Von Fenrir hieß es, daß er nur erste Hilfe beherrscht, wie ein Späher sie braucht. Das klang aber definitiv nach mehr als erste Hilfe. Ahriman, der meine Gedanken ganz richtig erkannte, meinte:
"Hier sind solche Verletzungen alltäglich. Und wir wollen nicht wegen jeder Kleinigkeit zurück in den Wald."
Ich muß wohl ziemlich verblüfft ausgesehen haben, denn Ahriman lachte.
Während ich mich um seine Wunde kümmerte, hielt Ahriman still, jedenfalls viel stiller, als ich das von verletzten Kriegern gewöhnt war, die normalerweise dazu neigen, ungeduldig zu sein und vor sich hinzuschimpfen, wenn man sie heilt. Er atmete aber doch sichtlich erleichtert auf, als die Heilungsschmerzen schließlich aufhörten und die Brandwunde endgültig verschwunden war. Dann saß er eine Weile zusammengekauert da und starrte in Leere. Plötzlich sah er mich an, lächelte mir zu und fragte:
"Wie ist es - kannst Du noch oder brauchst du erst einmal eine Pause?"
Es war genau die Frage, die er mir heute schon mehrfach gestellt hatte.
"Selbstverständlich kann ich noch. Ich hatte eben beim Warten mehr als genug Pause." antwortete ich.
Ahriman erklärte mir den nächsten Abschnitt des Weges in demselben Tonfall wie die letzten Male. Er machte ganz den Eindruck, als wäre nichts Ungewöhnliches geschehen. Wahrscheinlich waren solche Verletzungen wirklich alltäglich.
"Was wäre, wenn ich einem Satan in die Finger geraten wäre?" fragte ich.
"Dann hättest du bei diesem Satan deine Arbeit begonnen und wir hätten für den nächsten Loki umplanen müssen, damit die Heiler gleichmäßig über die Höllen verteilt sind." erklärte Ahriman mir.
Ich kam mir blöd vor, denn genau diese Anweisung hatte ich vor Beginn des Weges erhalten.
"Angst?" fragte er.
Ich schaute weg.
"Wenn du keine Angst hättest, wäre das ein Zeichen von Dummheit."
Ich mußte grinsen. Damit hatte er natürlich recht.
"Ja, allerdings. Ich habe eine Scheiß-Angst!"
"Ich auch oft. Eben, als plötzlich der Satan vor mir stand, beispielseise. Ich bin froh, daß ich nicht die Aufgabe habe, die du übernehmen willst." erklärte er.
Ich antwortete darauf gar nichts, denn mir war durchaus klar, daß ich mich freiwillig für eine Selbstmordmission gemeldet hatte. Schließlich hatte jeder - angefangen mit den kriegsgefangenen Satanen oben bei uns im Wald - sein Bestes getan, um dafür zu sorgen, daß ich mir keine Illusionen darüber machte, auf was ich mich mit meinem Vorhaben einließ. Und ich wußte, daß weniger als ein Prozent der Einhörner, die wir in die Höllen geschickt hatten, noch arbeitsfähig war. Alle anderen waren inzwischen gefressen worden oder zu Asche verbrannt.
Fortsetzung:
FF103.
Ein Eimer Staub
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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https://www.kersti.de/,
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