FH8.

Politik

Laut den ursprünglichen Arbeitsanweisungen für die Außenposten war ich, solange mein Posten in Betrieb war, die Abschirmung stand und die Energie(VA180. Definition Eso) innerhalb des Schleiers rein genug war, um telepathische Schaltkreise laufen zu lassen, befugt in das durch die Lichtchristalle erreichbare Christallnetz zu gehen und alle dort eingespeicherten Lebenserinnerungen abzurufen. Ich fragte nicht, ob diese Regeln noch gelten - denn mir wäre höchstwahrscheinlich mit nein geantwortet worden - und machte von diesem Recht Gebrauch. (Heutzutage ist dieses Netz als Akascha-Chronik bekannt.) Die Informationen, die ich dort fand, beunruhigten mich zutiefst:
Die Regierung befürchtete jederzeit eine Invasion der Feinde. Jedoch hatten wir nicht genügend Eingeweihte, um den Verteidigungsschirm um die Erde voll in Betrieb zu nehmen.

Ich wußte eine Lösung für dieses Problem - wenn ich genug Menschen fand, die so gute Anlagen hatten wie mein Diener, wäre es kein Problem, sie zu Eingeweihten auszubilden. Nur alte Vorurteile, daß Menschen dazu grundsätzlich nicht fähig seien, hinderten uns daran, diese Fähigkeiten aus dem Volk zu nutzen.

Mein Ansehen war in diesen Jahren gestiegen. Mir wurde erlaubt, mich frei im Lande zu bewegen und auch in den niederen Bezirken der Tempel war ich wieder willkommen. Doch der Makel der Verbannung blieb haften. Die Priester des inneren Tempels, die in die Außenbezirke durften, hörten mir nicht zu, wenn ich Vorschläge machte.

Also besuchte ich die alte Linuartina, die auf dem Hof ihrer Eltern immer noch bei ihren Kindern lebte und besprach mit ihr meine Überlegungen. Sie stimmte zu, daß auch sie genug Menschen gefunden hatte, die man zu Eingeweihten ausbilden könnte.
"Nur brauchen wir ja nicht Menschen mit den niederen Einweihungen wie man sie in den äußeren Bezirken des Tempels erhält sondern Hochgeweihte, die ihre Fähigkeiten nur in der reinen Athmosphäre eines Tempels erwerben können." gab sie zu bedenken.
"Das ist wahr - doch mein Außenposten wird das ganze Jahr über rein genug gehalten, um eine solche Ausbildung zu gewährleisten. Dort könnte man Hochgeweihte ausbilden. Mein Problem ist, daß das früher oder später bekannt werden wird und wir dann Leute im hochgeweihten Rat brauchen, die uns decken. Vielleicht kannst du mir einen Rat gegen, an wen ich mich da wenden könnte." antwortete ich.
"Die neue Linuartina ist vernünftig - aber noch sehr jung und die Herren werden dich nicht zu ihr hinlassen."
"Ich hatte nicht vor, sie zu fragen. Ich werde mittels geistigem Reisen gleich im hochheiligen Bezirk auftauchen."
Sie lachte.
"Willst du im Ernst behaupten, daß du deinen Schirm genau genug dazu gestimmt hast? Der Hauptschirm ist nämlich nur halb gestimmt."
"Das wird sich inzwischen wohl gebessert haben. Die Linuatina hat schließlich mehr Zeit als früher, weil ich die Christalle der Außenposten regelmäßig nachstimme. Aber darauf wollte ich mich nicht verlassen. Mein Schirm ist groß genug, um zwei Personen ohne Hilfe des großen Schirms zu transportieren, sofern er sauber gestimmt ist. Ich werde ihn nachstimmen und nur mit seiner Hilfe reisen."
"Gott - das arme Mädel wird dich für Gott persönlich halten oder so ähnlich, wenn du das hinkriegst. Wo hast du das gelernt?"
"In früheren Leben. Und keine Sorge - ich werde sie über ihren Irrtum aufklären."
"Wann bist du so weit, daß du die ersten Schüler ausbilden kannst?"
"In drei Wochen werde ich die Linuartina besuchen. Bis dahin kann ich keine Störungen gebrauchen. Danach sind mir Schüler willkommen."
"Gut - ich wüßte jemanden, den ich dir schicken möchte."
"Gut. Dann bis in drei Wochen."

Ich kehrte zu meinem Außenposten zurück, dann verstärkte ich zusammen mit meinem Schüler den Schleier und reinigete die Räume wieder und wieder. Nach jedem Reinigen der Räume reinigten wir uns zuerst gegenseitig und stimmten dann die Lichtkristalle nach. Nach drei Wochen war die Energie so rein, daß ich ohne Anstrengung jedes einzelne Atom innerhalb des Schleiers gleichzeitig bewußt wahrnehmen konnte und daß wir gegenseitig unsere Gedanken beinahe automatisch lasen.

Danach stellten wir beiden eine Verbindung zu den Räumen der Linuartina her - überprüften, ob sie Gäste empfangen konnte und versetzten unsere Körper dorhin. Der Gesichtsausdruck des Mädels war malerisch. Sie begrüßte mich mit einer Geste, die wir normalerweise nur für ganz hohe Eingeweihte reservieren.
"Laß man Kind. Ich bin nur der Hüter eines unbedeutenden Außenpostens und wurde deshalb von deinen Türhütern nicht eingelassen. Sonst hätte ich mich wohl eines weniger erlauchten Verkehrsmittels bedient, um dich zu besuchen." antwortete ich ihr schmunzelnd."
Sie hob neugierig den Blick und begann zu grinsen. Offensichtlich war ihr Leben doch etwas zu langweilig für das fünfzehnjährige Ding, das sie war.

"Wo können wir uns in Ruhe unterhalten?" fragte ich.
"Komm in mein Schlafzimer. Sie werden es nicht wagen, mich dort zu stören, auch wenn sie mich sonst behandeln wie ein kleines Kind."
"Du bist ein Kind - und eine Eingeweihte. Von ersterem wissen sie, was es bedeutet, von letzterem nicht so richtig. Das ist dein Problem."
"Ja. Ich werde hier gehalten wie eine Gefangene nur damit ich meine Energien nicht verunreinige."
"Wir sollten vielleicht den großen Schirm nachstimmen, damit du jederzeit die Außenposten besuchen kannst. Die sind inzwischen dauerhaft rein genug, daß du den Tempel dadurch nicht verschmutzt."
"Oh ja..." ein träumerischer Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht.
Mir wurde bewußt, daß ich, wenn das herauskäme, mehr Ärger bekommen würde, als ich mir je hätte träumen lassen.

Kurz teilte ich ihr meine Pläne zur Ausbildung von Menschen zu Eingeweihten mit. Und ich machte sie darauf aufmerksam, daß mein Diener längst ein Eingeweihter war.
"Aber du hast doch selbst nur die niedere Tempelausbildung. Laß mich wenigstens nachprüfen, ob dir nicht ein wesentlicher Fehler unterlaufen ist." bat sie.
"Lies meinen Geist. Du solltest nicht nur überprüfen, ob meine Absichten lauter sind sondern auch, ob meine Schlußfolgerungen stimmen. Selbst wenn wir uns gegenseitig ständig beraten, machen wir Menschen noch mehr als genug Fehler." sagte ich.
Wie ihre Vorgängerin war auch sie so gut geschult, daß die gründliche Geistlesung, die sie bei mir machte, mich nicht belastete, sondern im Gegenteil mir sogar half, meinen Geist etwas besser zu ordnen. Nachher hatte sie mehrere Verbesserungsvorschläge parat, die wir in unsere Pläne einbauen konnte und versprach mir, mit den Linaurtinen der anderen großen Tempel unsere Pläne zu besprechen.

"Weißt du, wir alle sind der Ansicht, daß es dringend notwendig ist, Menschen auszubilden. Aber wir kommen gegen die halbeingeweihten Priester nicht an. Sie lassen es einfach nicht zu, daß uns Menschen nahekommen."
"Gut. Wir bilden also auf Außenposten aus - und stimmen die Schirme so gut, daß wir uns gegenseitig besuchen können. Außerdem werde ich mich noch um die Außenposten des Nachbargebiets kümmern." beschloß ich.
Es herrschte Mangel an gutausgebildeten Priestern in den Tempeln und im Land. Ich unterhielt mich mit vielen darüber, organisierte, daß, wer immer dazu fähig war, Leute aus dem einfachen Volk in den Grundlagen, die im niederen Tempel gelehrt wurden unterrichtete, um diesen Mißstand zu beheben. Diejenigen aber, die zu einer hohen Tempelausbildung fähig waren, holte ich in meinen Außenposten und bildete sie mit Hilfe meiner Erinnerungen aus früheren Leben zu hohen Priestern aus. Es waren wenige, aber besser als niemand.

Der erste Teil wurde von denen, die ich nicht eingeweiht hatte, allgemein als mein Hobby betrachtet und belächelt. Der zweite Teil aber war geheim.

Kersti


FH9. Kersti: Folgendes: Verrat
FH7. Kersti: Voriges: Betreuungsaufgaben
FHI. Kersti: Inhalt: Der Grund für den Untergang von Mu
V4. Kersti: Merkwürdige Erfahrungen
EGI. Kersti: Kurzgeschichten
V231. Kersti: Frühere Leben von mir
Z51. Kersti: Erinnerungen an frühere Leben
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben
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