Reinkarnationserinnerung - Mein Leben zu Jesu Zeit

K2.

Maria

Maria sah jünger aus, unschuldiger als ihrem Alter entsprach. Sie hatte wieder diesen Blick, den ich nur von ihr kannte. Sie war wie ein sehr kleines, sehr junges Kind, das mit fassungslos großen Augen beobachtet, wie grausam die Menschen zueinander sind. Ich fühlte mich alt, wenn ich sie so sah, unfaßbar alt. Ich drehte mich um und umarmte sie - ihre Knie genau gesagt - höher kam ich nicht. Doch sie setzte sich hin und weinte, als wäre ich der Erwachsene und sie das Kind. Immerhin hatte sie inzwischen gelernt, daß sie das nicht zu auffällig tun durfte. Die Menschen verstanden sie nicht. Die Schleier, die sie trug, verbargen ihre Tränen. In dem Augenblick trat Josef zu uns.

Er hatte sie nicht aus Liebe geheiratet. Es war ihm von der Führung befohlen worden, da die junge Maria als verheiratete Frau ihr Kind von den Göttern zur Welt bringen sollte. Josef hatte nicht gewußt, was die Pläne waren. Er hatte nur gewußt, daß Maria unmöglich von ihm schwanger sein konnte, denn er hatte nicht mit ihr geschlafen. Er war wütend geworden, nicht weil sie - wie er meinte - einen anderen Mann gehabt haben mußte, sondern weil sie ihm gesagt hatte, daß sie noch nie mit einem Mann geschlafen hatte. Was auch stimmte, aber das konnte Josef nicht wissen und sich auch nicht vorstellen, denn er verstand nichts von der Technik der Engel, die künstliche Befruchtung ermöglicht. Josef hatte sie damals geschlagen, weil sie sich weigerte, zuzugeben, daß sie jemals einen anderen Mann gehabt hatte. Die Engel griffen erst ein, um ihm die Wahrheit zu erklären, als sie glaubten, er wolle sie ermorden. Daraufhin hätte Josef am Liebsten die Engel ermordet, die diese ganze Situation erst geschaffen hatten. Als sie mir davon erzählte, fragte ich Maria, warum sie damals denn nicht gelogen und einen Mann erfunden hätte.
"Aber ich wußte doch gar nicht, wie man das macht!" antwortete sie mir in der Gedankensprache.
Und ihr glaubte ich das unbesehen.

Sanft legte Josef seine Hand auf Marias Schulter.
"Komm. Du solltest dir nicht immer so häßliche Dinge anschauen."
Sanft führte er sie an einen stillen Platz, wo sie in Ruhe weinen konnte und ließ es zu, daß ich mitkam. Seine scharfen Augen hatten wieder einmal erfaßt, was vorging. Irgendwie war es ihm gelungen, die Wunden zu heilen, die dieser böse Anfang geschlagen hatte. Und nun beschützte er die sanfte, empfindsame Maria, als wäre er ihr Vater. Ich wußte, daß er ihre Gefühle nicht so spüren konnte, wie ich das tat. Doch er sah mit seinen ganz normalen körperlichen Augen, was die anderen nicht sahen, und irgendwie schaffte er es, immer die richtigen Worte für seine junge Frau zu finden, die auf eine Art und Weise unschuldig war, wie das nicht einmal kleine Kinder sind. Ich warf Josef ein dankbares Lächeln zu und setzte mich auf Marias Schoß.

*Warum geht er denn nicht?* fragte Maria mich und sie zitterte innerlich noch vor Grauen, über die maßlosen Schmerzen, die der Johannes hatte.
Ich versuchte ihr seine Gründe zu erklären. Aber es war hoffnungslos. Sie hatte Johannes Leid gesehen und es war für sie der Inbegriff des Leids. Größeres Leid konnte sie sich nicht vorstellen. Das Konzept eines Völkermordes, war ihr so unendlich fern, daß sie nicht einmal erahnen konnte, was ich ungefähr meinen könnte. Und sie wußte, daß man nicht nur gut zu anderen sein muß - ebenso wichtig ist es, mit sich selbst liebevoll und freundlich umzugehen. In ihren Augen beging der Johannes ein Verbrechen gegen sich selbst, indem er dem Tod sein Recht verweigerte. Und das war das einzige, was sie daran bisher erfassen konnte. Meiner Ansicht nach hatte sie Recht mit dem Verbrechen - aber ich konnte den Johannes verstehen. Nicht nur ihn. Ich konnte auch die Täter verstehen, die, die ihn zum Krüppel gemacht hatten. Ich war alt. Ich hatte viel getan in früheren Leben und viel erlitten. Sie war jung, was die materiellen Welten anbetraf - hatte aber eine andere, zeitlose Weisheit, wie ein Wesen aus einer höheren, reineren Welt.
Jesus, ihr Sohn, hatte diese Unschuld nicht. Er war von allen Menschen, die ich kannte, mir am ähnlichsten, aber irgendwie königlich, sonnenhaft. Ich bin eher wie jemand, der unauffällig im Schatten steht und nicht bemerkt wird, bis Not am Mann ist. Dann bin ich da.

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