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M13.
"Aber wo warst du denn?"
"Im Kloster."
"Das ist nicht wahr!"
Ich lächelte: "Feen lügen nicht."
"Ach richtig. Du bist jetzt ja eine Fee. Du redest auch schon so
wie eine Fee. Kannst du mir jemals verzeihen?"
Einen Augenblick war ich verwirrt:
"Was?"
"Daß ich Gaivin geopfert habe."
Gaivin! Der Schmerz drohte mich zu übermannen. Ich atmete tief
durch und fing mich wieder.
"Hast du bei der Zeremonie nicht zugehört?" fragte ich
milde.
"Doch."
"Was hast du mich gefragt?"
"Hegst du Groll gegen die Gemeinschaft
oder deinen Mann, die diese Entscheidung
trafen?" gab sie die rituelle Frage wieder.
"Und was habe ich dir geantwortet?" fragte ich.
"Nein. Beiden bin ich weiterhin in Liebe
zugetan." gab sie meine Antwort wieder.
"Glaubst du mir das nicht?" fragte ich.
Raiva weinte vor Erleichterung, als sie
das hörte und ich tröstete sie. Ich
fühlte mich, als sei ich uralt und sie
ein halbes Kind. Tatsächlich war Raiva
in jenem Leben zehn Jahre älter als
ich.
Die alte Hexe, die an mir Mutterstelle vertreten hatte, wurde Tag für Tag schwächer. Sie lebte nur noch wenige Wochen.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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