erste Version zwischen 07.06.2000 und 26.02.2001
letzte Überarbeitung: 9/2006

V171.

Außenseiter: Es tut in der Seele weh, das zu beobachten

Beispielgeschichte, Kersti:

Ich war in der ersten oder zweiten Klasse.

Unbeweglich stand ich auf dem Schulhof und beobachtete die anderen Kinder aus meiner Klasse. Ich beteiligte mich nicht an dem, was sie taten, denn es widersprach allen meinen Überzeugungen. Sie ärgerten Brigitte - eine Klassenkameradin - mit der Begründung, daß sie dick sei.

Ich spürte wie sehr das Mädchen darunter litt, so behandelt zu werden und es tat mir in der Seele weh, sie so leiden zu sehen. Doch ich konnte nichts tun. Die anderen hörten nicht auf mich.

Mit "Es tut mir in der Seele weh" meine ich nicht etwa, daß ich mir vorgestellt hätte, wie sich Brigitte in ihrer Situation fühlen müßte, sondern es war eine telepatische Sinneswahrnehmung, die ich so unmittelbar und direkt spürte wie beispielsweise ein aufgeschlagenes Knie. Nein, eigentlich noch direkter - Wahrnehmungen von Gefühlen spielen sich auf einer Ebene ab, die dem Kern unseres Wesens weitaus näher liegen als körperliche Wahrnehmungen. Deshalb ist es auch weitaus schwieriger, davon innerlich Abstand zu nehmen, wenn man zu solchen Wahrnehmungen fähig ist.

Und es ist auch nicht so, daß ich masochistisch veranlagt wäre und deshalb zwanghaft etwas beobachtet hätte, was mich eigentlich nichts angeht. Eine Klasse ist eine Gemeinschaft die durch ein enges Beziehungsgeflecht an Energiefäden verbunden ist. Über dieses Energiegeflecht wird jedes Mitglied der Gemeinschaft in Mitleidenschaft gezogen, wenn ein Mitglied leidet. Die anderen wurden durch diese Tatsache zwar genauso in Mitleidenschaft gezogen wie ich, aber da sie weder ihre Mitmenschen noch sich selbst so genau beobachten konnten wie ich, spürten sie zwar, daß sie sich schlecht fühlten und ließen das an Brigitte aus - aber sie konnten nicht wahrnehmen, warum sie sich schlecht fühlten und daß sie im Grunde das Falscheste taten, was ihnen hätte einfallen können.

Beispielgeschichte, Kersti:

Ich grübelte darüber nach, was ich für Brigitte tun könnte, überlegte hin und her, ob es nicht irgendetwas gäbe, womit ich ihr helfen könnte. Schließlich fiel mir etwas ein. Nichts, was die Lage grundsätzlich ändern würde, aber es würde ihr eine Freude machen. Ich würde sie zu meinem Geburtstag einladen.

Als ich meiner Mutter das mitteilte, reagierte sie in meinen Augen übertrieben. Ich weiß nicht, ob sie es sagte, oder nur dachte - jedenfalls fand sie, daß mein Verhalten doch bemerkenswert sozial für mein Alter sei. Ich fühlte mich dadurch geradezu veräppelt. In meinen Augen wäre es absolut undenkbar gewesen, anders zu handeln, als ich es getan hatte. Und das Verhalten meiner Klassenkameraden war mir absolut nicht nachvollziehbar - wie kann jemand FREIWILLIG anderen Schaden zufügen - wo es in meinen Augen doch offensichtlich war, daß JEDE solche Handlung auf den Täter zurückfällt? Wie kann sich ein Mensch freiwillig selbst Schaden zufügen?

Zu Deutsch: Mir war nicht bewußt, daß die anderen nicht fähig waren, die Energiefelder so genau zu beobachten, wie es nötig war, um dieses geistige Gesetz zu SEHEN.

Dasselbe Beispiel betrachte ich hier noch einmal aus einem anderen Blickwinkel.
V109.3 Kersti: Ich glaubte, sie hielt mich für verrückt und war völlig verwirrt, weil ich doch genau wußte, daß sie da genauso denkt wie ich!
Warum meine Mutter verwundert war und warum ich das in dem Alter noch nicht begreifen konnte, erkläre ich hier:
VB50. Kersti: 4.3 Erst Jugendliche lernen, bei ihrer Erklärung den Entwicklungsstand des anderen Rücksicht zu nehmen

Kersti

VA112. Kersti: Geistige Freiheit
VA174. Kersti: Wie man sich von fremden Gedanken und Gefühlen abschirmt
VA180. Kersti: Lexikon der esoterischen Begriffe
VA190. Kersti: Der Wert der Empathie
VA220. Kersti: Empathie: Wie unterscheidet man eigene Gefühle von fremden?
VA256. Kersti: Werden Indigokinder irrtümlicherweise auf ADHS behandelt?
VA283. Kersti: Sehr hohe Soziale Kompetenz von Kindern als Hindernis für das Verständnis des Sozialverhaltens weniger kompetenter Menschen
V4. Kersti: Merkwürdige Erfahrungen
V15. Kersti: Was ist Toleranz?
V38. Kersti: Ausgeschlossen!
V39. Kersti: Wie wird man zum Außenseiter?
V40. Kersti: Als käme ich von einem anderen Stern
V41. Kersti: Das Gewicht einer Gabe
V105. Kersti: Das Gute wirkt nach anderen Gesetzen
V111. Kersti: Warum ich "gut" mit "vernünftig" gleichsetzte
V112. Kersti: Telepatie: Jemand, der mich versteht
V113. Kersti: Aura: Wenn niemand eine Antwort weiß
V114. Kersti: Ausgrenzung: Ich bin zu stolz, um gegen mein Gewissen zu handeln
V141. Kersti: Eine andere Gewaltenteilung: Krieger und Heiler
V142. Kersti: Das Böse ist von Angst erfüllt
V143. Kersti: Der Zweck heiligt die Mittel?
V146. Kersti: Wahre Weisheit klingt naiv
V159. Kersti: Warum ich nicht hasse
V166. Kersti: Außenseiter: Das Opfer ist schuld?
V167. Kersti: 17-jährige Gruppenführer verhindern Ausgrenzung wirksamer als Lehrer
V168. Kersti: Meckerrunde
V174. Kersti: Warum ich schreibe, wie es war, ausgegrenzt zu sein
V248. Kersti: Spielverderber - oder - Wer sind die Guten?
V301. Kersti: Um Außenseiter zu integrieren, muß man die Gemeinschaft ändern, die ausgrenzt
V302. Kersti: Strafe dafür, daß man etwas schon vor den anderen kann
V318. Kersti: Option: "Und ich hatte doch recht gehabt!"

Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.