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V194.

Was unterscheidet eine Gehirnwäsche von einem Dazulernen?

Einen Teil sagen die Worte schon selbst: dazu-lernen heißt logischerweise, daß zu dem bisher Gelernten etwas Neues dazu-kommt. Gehirn-Wäsche besagt, daß etwas herausgewaschen wird, wie Schmutz aus der schmutzigen Wäsche. - Nur daß es eben häufig wichtige Gedanken sind und kein Schmutz.

Tatsächlich ist es natürlich viel komplizierter. Unser Geist ist nicht wie ein großer Korb, in den wir alles Mögliche einfach hineinschmeißen. Denn alles Wissen, das wir haben, setzen wir irgendwie in Beziehung zueinander. (Beispiel: Die Erde ist rund, DESHALB wird man irgendwann wieder an derselben Stelle herauskommen, wenn man mit einem Flugzeug immer geradeaus fliegt.) Wenn ein Mensch etwas dazulernt, so muß er das Neuerlernte mit dem Alten in Beziehung setzen, überlegen, was die neuen Überzeugungen mit den alten zu tun haben. Am Ende kommt dann etwas heraus, das umfassender ist, als das ursprüngliche Weltbild. Bei einer Gehirnwäsche wird das Neue eben nicht mit dem Alten in Beziehung gesetzt, das Alte wird einfach als "falsch" verworfen und ein anderes Weltbild - das möglicherweise sogar einfacher sein kann als das alte - an seine Stelle gesetzt.

Ob sich etwas als Gehirnwäsche auswirkt oder zu einem dazulernen führt, hängt weniger vom Lehrstoff ab und mehr davon, wie er vermittelt wird.

Wenn beispielweise in der Schule ein Lehrer einen Vortrag über ein Thema hält und ein Schüler stellt eine Frage danach, warum es sich gerade so verhält, wie der Lehrer sagt, gibt es im Prinzip zwei Möglichkeiten wie der Lehrer reagieren könnte:

  1. Er verbietet dem Schüler in irgendeiner Form, die Frage zu stellen und fordert von ihm, daß er das Gesagte einfach glaubt (Beispiele: "Das ist zu kompliziert für dich, das mußt du mir einfach glauben.", "Das haben die Fachleute herausgefunden. Man muß doch den Fachleuten vertrauen.", "Das ist einfach falsch. So etwas sagen nur Rechte (Idioten, Gewalttäter, Linke, Teufelsanbeter ... oder wen immer er gerade als schlechtes Beispiel wählt)")
    Diese Reaktionsweise trägt die Gefahr in sich, daß sie sich, wenn solche Fälle sich häufen, als Gehirnwäsche auswirkt, weil der Schüler nicht die Informationen bekommt, die er bräuchte, um sein bereits gesammeltes Wissen mit den neuen Informationen in Beziehung zu setzen.
  2. Er bemüht sich nach Kräften, die Frage zu beantworten oder sagt, daß er es auch nicht weiß und weist den Schüler auf die Quelle hin, wo solche Informationen zu finden sind.
    Diese Reaktionsweise hilft dem Schüler dabei, sein vorhandenes Wissen mit dem Neuen zu verknüpfen und führt deshalb zu einem echten Dazulernen.
Es spricht wohl für sich, daß ich die erste Reaktionsweise in meiner Schulzeit so häufig erlebt habe, daß ich mir schließlich das Fragenstellen sparte und mich gleich der Bibliothek zuwandte (wie ich das zuhause gelernt hatte - ein gute Elternhaus ist doch Einiges wert!), um die fehlenden Informationen zu finden.

Kersti

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Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.