erste Version: 7/2006
letzte Bearbeitung: 7/2017

VA268.

Warum mich Bücher über ADHS oft wütend machen

Schon die Titel!

Es gibt Titel, wegen denen ich einen Text sofort zur Seite gelegt habe, als ich einen flüchtigen Blick darauf geworfen habe. Beispielsweise: " Buch: Wackelpeter und Trotzkopf."5. oder " Buch: Hans-guck-in-die-Luft und Zappelphilipp in Musikschule und allgemein bildender Schule6., auch wenn "Träumsuse" im Titel vorkommt, wie bei Buch: Zappelphilipp und Traumsuse"7. möchte ich mir ein Buch über ADHS ganz bestimmt nicht mehr durchlesen. Und ich frage mich, was denken sich die Autoren eigentlich dabei, einem Buch einen solchen Titel zu geben? Und was denken sie sich dabei, wenn sie Eltern von hyperaktiven Kindern - die ziemlich oft auch ADHS haben ein solches Buch als Arbeitsbuch an die Hand geben?

Es ist in Ordnung, wenn ein solches Wort in einer Situation gebraucht wird, in der das Problemverhalten, das dazu gehört, auftritt, denn dann wird es erst einmal nur auf diese Situation bezogen. Dann sollte es aber auch so formuliert werden, daß damit nicht der ganze Mensch abgwertet wird. Aber es ist gar nicht angemessen, das als Buchtitel zu wählen. Niemand, der ADHS hat, ob nun diagnostiziert oder nicht, wird eines dieser Worte als liebevoll gemeinten Kosenamen auffassen, wenn es nicht mehr auf eine einzelne Situation bezogen ist, sondern wie ein Buchtitel als Kennzeichnung des ganzen Menschen interpretieren muß.

Ich betrachte Träumen eigentlich als etwas Positives. Doch das Wort "Träumsuse" habe ich nicht zu hören bekommen, wenn ich mich bewußt hingesetzt und mir Zeit genommen haben allein oder mit Freunden eine selbsterfundene Geschichte zuendezuspinnen. Niemand hat mich so genannt, wenn ich als Ergebnis meiner Träumereien eine fertige Geschichte oder ein Lied präsentiert habe. Das Wort Träumsuse bekommt man zu hören, wenn man sich bemüht hat aufzupassen, weil man weiß, daß es wichtig wäre sich das Gesagte zu merken - und wenn die Gedanken trotzdem abgeirrt sind, weil Aufpassen einfach nicht ging. Träumsuse erinnert mich an all die frustrierenden Situationen meines Lebens und wenn jemand ein Buch so nennt, das ein Problem behandelt, das ich habe, dann fühle ich mich abgewertet.

Auch "Hans-Guck-in-die-Luft" ist bei mir mit Erinnerungen an Frustrationen verbunden. Mit Erinnerungen an all die Zeiten, wo ich mich geschämt habe, weil ich schon wieder in einen Hundehaufen getreten habe. Geändert hat sich das erst, seit ich sehr viel barfuß laufe, und das deshalb sofort - und nicht erst zuhause - selbst merke und dadurch gelernt habe bei jedem Schritt zu schauen wo ich hintrete, auch wenn ich mit den Gedanken völlig woanders bin.

Zappelphillip hat mich niemand genannt, weil ich nicht zum hyperaktiven Typus gehöre.

Also bitte: Etwas mehr Respekt vor den Gefühlen der eigenen Patienten!

Fachleute haben dieselben Vorurteile wie Laien

Ein erheblicher Teil der Fachleute für ADHS haben selber nicht diese Veranlagung - und sie stellen Behauptungen über die Gründe von ADHS-Typischen Verhalten auf, die mich regelrecht wütend machen, weil sie Fehlinterpretationen meines Verhaltens so ähnlich sind, die ich als Kind oft zu hören bekommen habe. Beispiele hierfür habe ich in folgenden Artikeln richtiggestellt:
VB85. Kersti: 1. ADHS - Die Suche nach Nervenkitzel
VB88. Kersti: 2. ADHS - Das Problem mit den Routinearbeiten
VB87. Kersti: 3. ADHS und Kreativität: Erfolg ist nicht einfach Zufall
VB86. Kersti: 4. ADHS - Je nach Stimmung zeigen sich verschiedene Teile der Selbsteinschätzung
VA254. Kersti: ADHS: Du kannst ja, wenn Du willst!

Das Schlimme an diesen Büchern ist, daß die Sichtweisen von Fachleuten für ADHS keinen wesentlichen Schritt über das Verständnis hinausgehen, das auch Eltern und Lehrer zum Thema haben, bevor sie sich ernsthaft damit auseinandersetzen. Genau dieselben unreflektierten Vorurteile, die ich auch als Kind - obwohl ich widersprochen habe und erklärt habe was in mir vorgeht - immer wieder zu hören bekommen habe, werden auch da als Fachwissen über das Thema dargestellt.

Für mich klingen die meisten der Bücher über Kinder mit ADHS als hätten sich die Autoren kein einziges mal die Mühe gemacht, einem der betroffenen Kinder richtig zuzuhören und nach und nach aus ihm herauszufragen, was in ihnen vorgeht, während sie das tun, was sie tun. Schon 1972 kam das Buch " Buch: Familienkonferenz" von Autor: Thomas Gordon das erste mal heraus und dort ist beschrieben, wie man durch aktives Zuhören Kinder darin anleitet, daß sie ihr Innenleben und ihre Probleme differenziert beschreiben1. S.37ff. Warum Kinder diese Anleitung brauchen, habe ich hier beschrieben:
VB50. Kersti: 4. Lehren in unterschiedlichem Alter und auf unterschiedlichen Weltbildstufen

Wenn Autor: Christa und Autor: Dirk Lüling sich, in der Beschreibung dazu, was ADHS sein soll nicht wiederfinden können, weil sie keinen Mangel an exekutiven Funktionen haben3. S.48ff, dann liegt das nicht daran, daß hochsensible Kinder mit dem typischen ADHS-Verhalten kein ADHS hätten, sondern daran, daß ADHSler völlig normale exekutive Funktionen haben, die sie nur, weil sie ständig bis Unterkante Oberlippe überreizt sind, nicht mehr sinnvoll nutzen können. ADHS ist ein Dauerstreßzustand, der sich in ungünstiger Umgebung bei Hochsensiblen aufbaut. Alle Probleme, die sie haben, sind Symptome von chronischem Streß oder Folgen von seelischen Verletzungen, die zu diesem Streß beigetragen haben4..
VA152.3 Kersti: ADHS: Studieren macht mich krank und ich hatte guten Grund, die Schule so zu hassen

 
Inhalt

Positive Gegenbeispiele - ADHSler reagieren wegen Überreizung so wie sie das tun

Autor: Doris Ryffel-Rawak schrieb, indem sie die Aussagen ihrer Patienten wiedergab, also eher als Herausgeberin denn als Autorin fungiert drei sehr lesenswerte Bücher über ADHS, in denen Betroffene ihre Innnenperspektive auf ein Leben mit ADHS beschreiben1.. Interessant ist, daß da zum ersten mal das beschrieben war, was ich aus eigener Erfahrung für die Ursache für ADHS hielt. Nämlich: Ich reagierte viel sensibler auf Reize als meine Mitmenschen, deshalb war die Schule für mich zu laut gewesen, einige Reize hatten mich massiv überfordert oder gleich Schockstarre ausgelöst. Unwillkürliche Reaktionen und daher unvermeidbare auf Reize, die andere Leute als nicht ernsthaft störend bis überhaupt nicht vorhanden wahrnahmen wie kratzende Pullover, das Licht in den Augen wehtun kann, daß ein Befehlston in bestimmten Situationen Schockstarre auslösen kann, wurde von normalen Menschen als Unverschämtheit, Dummheit, Verrücktheit oder wenn man es erklärt auch Lüge tituliert. Viele Leute waren nicht einmal dann bereit, auf meine abweichenden Bedürfnisse, die ich durchaus einforderte, Rücksicht zu nehmen, wenn es ihnen Arbeit gespart hätte.
VA265.1.3 Kersti: Zahlenkaiser: Die Stimme des Lehrers hat mir buchstäblich wehgetan
VA265.1.4 Kersti: Die Stimme des Lehrers erschien mir subjektiv wie Krach über der Schmerzgrenze, war aber objektiv wohl fast normale Sprechlautstärke
VB86.2 Kersti: Autofahren ...

Kersti

 
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Quellen

Dieser Artikel beruht auf meinen eigenen Erfahrungen als Betroffene und Therapeutin.
VA248. Kersti: Wie funktioniert Psychotherapie?
Wenn ich therapeutisch arbeiten greife ich oft auf das Wissen meiner feinstofflichen Anteile zurück und integriere geistheilerische Methoden in meine Arbeit.
VA299. Kersti: Fragen beantworten: Das Wissen der eigenen feinstofflichen Anteile
VA131. Kersti: Heilung durch Arbeit an den feinstofflichen Körpern

Weitere Quellen waren:


Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, https://www.kersti.de/, Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von Lesern immer bekomme.