1. Fächerübergreifendes Lernen und seine Bedeutung
Lehrer haben neben den zukünftigen Physikstudenten in ihren Klasse viel
mehr Schüler, die ganz andere Pläne für ihr Leben haben. Diese Schüler interessieren
sich nur dann für den Schulstoff, wenn dieser so aufgebaut ist, daß ihnen bewußt wird, daß Physik nicht abgehobenes theoretisieren ist sondern daß physikalisches Wissen sich im Alltagsleben anwenden läßt.
Fachübergreifende Themen wie "Physik der Musikinstrumente" muß man daher abwechselnd durch die Brille verschiedener Fächer betrachten, weil nur so wirklich beim Schüler ankommt, daß das physikalische Wissen auch in der Musik praktisch umsetzbar ist.
Daraus lernt man auch Alltagserfahrungen anhand des Schulstoffes zu verstehen. Wer das beherrscht, den erinnern die täglichen Erfahrungen immer wieder an den Schulstoff, so daß er automatisch immer wieder ins Gedächtnis gerufen wird, ohne daß man ihn gezielt vor den Arbeiten üben müßte.
Ich werde in diesem Vortrag über Klangfiguren reden. Darüber, wie die Obertonreihen von Saiten- und Blasinstrumenten unserem Schönheitsempfinden in der Musik zugundeliegen und wie schwierig es ist, eine Tonleiter zu entwickeln, in der diese Obertöne vorkommen, so daß wir Musik machen können, die unserem Schönheitsempfinden entspricht.
2.1.1 Die Schwingung der Guitarrensaite - eine transversale Schwingung
Wenn man ein Seil - idealerweise ein Gummiseil - in einem bestimmten Tempo schwingt, gibt es in der Mitte einen Schwingungsbauch, wo das Seil sehr stark hin und herschwingt und am Rand einen Schwingungsknoten, wo es fast in Ruhe ist.
Erzeugt man einen einzelnen Schwingungsimpuls, wandert der über das Seil, wird am festgehaltenen Ende reflektiert und kommt dann zurück. Dabei hat sich der Ausschlag ins Gegenteil verkehrt.
Bei dieser Schwingung handelt es sich um eine transversale Schwingung, die Ausbreitungsrichtung ist längs der Saite, also von links nach rechts und zurück, die Auslenkung findet aber quer dazu - also nach oben und unten statt.
Wenn man eine regelmäßige Schwingung erzeugt, die irgendwo reflexiert wird entstehen zwei gegenläufige Wellen, die sich überlagern. Diese überlagern sich gegenseitig zu einer resultierenden Welle. Wenn die Ausbreitungsgeschwingigkeit einer Welle im richtigen Verhältnis zu Frequenz und der Länge des Seils steht, entsteht eine stehende Welle, die ihre Schwingsungsbäuche immer an derselben Stelle hat.
Die Häufigkeit der Schwankungen werden in Herz (Hz) angegeben, dem Kehrwert der Sekunde (s), also 1Hz = 1/s . Damit eine stehende Welle entstehen kann, muß die Ausbreitungsgeschwindigkeit (c), mit der eine Ausenkung das Seil entlanglaufen würde genau so sein, daß sich die reflektierte Welle mit der einlaufenden Welle so überlagert, daß sie sich regelmäßig gegenseitig verstärken. Die Frequenzen, in denen das bei einer bestimmten Saite der Fall ist, nennt man Resonanzfrequenzen. Die tiefste Resonanzfrequenz oder Grundfrequenz einer Saite ist ƒ = c / 2L , das heißt wenn die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle (c) ein Meter pro Sekunde wäre, müßte die Saite einen halben Meter lang sein um eine Grundfrequenz von einem Herz zu haben.
1m/s
------------ = 1Hz
2 * 0,5m
Damit eine Saite dieser Länge den Kammerton A (440Hz) als Grundfrequenz oder Grundton hätte, müßte die Ausbreitungsgeschwindigkeit bei 440m/s liegen.
440m/s
------------- = 440Hz
2 * 0,5m
Die Flimmerverschmelzungsfrequenz des Auges, die angibt, ab welcher Bildwechselfrequenz wir einen Film auf getrennten Bildern nicht mehr getrennte Bilder sondern als durchgehende Bewegung wahrnehmen liegt zwischen 22 Hz und 90 Hz. Die Schwingungen der Saite sind daher normalerweise so schnell, daß sie vor unseren Augen verschwimmen, wenn wir sie ansehen.
2.1.2 Flageolettöne und gegriffene Töne auf der Guitarre
Jeder Körper hat mehrere Resonanzfrequenzen, in denen er zum Schwingen angeregt werden kann. Dabei bilden sich Schwingungsbäuche, an denen der Körper schwingt und Schwingungsknoten, wo er in Ruhe ist. Wenn er als ganzes schwingt, ist der Ton tiefer und die Schwingung langsamer, als wenn er in der Mitte einen Schwingungsknoten hat und beide Seiten getrennt schwingen.
Schwingt man das Seil doppelt so schnell wie der Grundschwingung entspricht, erzeugt also die doppelte Frequenz, entsteht in der Mitte ein dritter Schwingungsknoten, der das Seil in zwei Schwingungsbäuche aufteilt.
Wie ein solches Seil hat eine Guitarrenseite zwei festgehaltene Enden oder Schwingungsknoten, wo sie auf dem Steg aufliegt und ist dazwischen beweglich. Sie schwingt nur viel schneller.
Es gibt einen Trick, um die Obertöne einer Saite einzeln hörbar zu machen. Wenn man bei der Hälfte
(Halsansatz) einem Drittel (7. Bund) oder einem Viertel (5.Bund) der Gesamtlänge der Saite
locker einen Finger auf die Seite legt, kann man Flageolettöne erzeugen. Flageolettöne sind Töne die als
Grundton einen Oberton der Saite und als Obertöne alle Obertöne der Seite haben, die ein durch dessen zahl der Schwingungsbögen (2, 3 bzw. 4) teilbare Zahl an Schwingungsbäuchen haben oder anders beschrieben ein vielfaches der Frequenz des jeweiligen Flageoletttons haben.
Erzeugung der Flageolettöne auf einer Guitarre:
Grundton der Guitarrensaite A - 110 Herz
Im 12. Bund gegriffen erzeugt die Saite einen Ton der doppelten Frequenz (220 Hz), da hier die Saite genau halbiert wird. Es schwingt nur die halbe Saite.
Wird die Saite über dem Metallsteg des 12. Bundes leicht berührt, erzeugt die ebenfalls einen Ton von 220 Herz, da durch die Berührung ein Schwingungsknoten in der Mitte der Saite erzeugt.
Wenn man die Saite im 7. Bund greift entsteht der Ton E mit 165 Herz, da nuun 2/3 der Saite frei schwingen können. (110Hz * 3/2 = 165Hz)
Wird die Saite über dem Metallsteg des 7. Bundes leicht berührt, erzeugt dies einen Ton von 330 Herz, da durch die Berührung ein Schwingungsknoten an dieser Stelle erzeugt wird. Damit sind nur Schwingungen möglich, die bei einem Drittel der Saite einen Knoten haben. Der Ton ist eine Oktave höher als der in diesem Bund gegriffene Ton, da der freie Teil der Saite durch einen weiteren Schwingungsknoten geteilt wird.
Greift man im 5. entsteht der Ton D von 146,7 Herz, da die Saite hier um 1/4 verkürzt wird (110Hz * 4/3 = 146,7Hz)
Wird die Saite über dem Metallsteg des 5. Bundes leicht berührt, erzeugt dies einen Ton von 440 Herz, da durch die Berührung ein Schwingungsknoten an dieser Stelle erzeugt wird. Damit sind nur Schwingungen möglich, die bei einem Viertel der Saite einen Knoten haben. Der Ton ist zwei Oktave höher als der Grundton der Saite.
Kurz vor dem vierten Bund liegt der Punkt, an dem man die Saite fünfteln kann. Es entsteht hier mit 550 Herz in etwa ein Cis.
Bei den Formeln im Bild handelt es sich nicht um mathematische Formeln sondern um eine verkürzte Notation dieser Beschreibung.
11.
Interessant ist nun, daß die ersten Obertöne einer Saite für unseren menschlichen Geschmack sehr gut zueinander passen. Der Abstand zwischen Grundton und erstem Oberton wird in der Musik Oktave genannt. Der Abstand zwischen ersten und zweiten Oberton ist die Quinte. Der Abstand zwischen zweiten und dritten Oberton ist die Quarte. Der Abstand zwischen drittem und vierten Oberton ist die große Terz, der zwischen dem fünften und sechsten die kleine Terz. Alle Akkorde, die in der Musik als gut klingend bekannt sind, tauchen als einer der ersten 5 Intervalle der Obertonreihe auf.
Den Zusammenklang zweier Töne empfinden wir als harmonisch oder schön, wenn sie als aufeinanderfolgende Töne in derselben Obertonreihe vorkommen. Das heißt unser Schönheitsempfinden in der Musik basiert auf der Obertonreihe. Wir empfinden sie als schön, weil sie zur selben Geräuschquelle gehören. Die Fähigkeit sie als zusammengehörig zu erkennen, hilft uns, verschiedene Geräuschquellen nach ihrer Herkunft zu trennen und zu unterscheiden.
2.1.4 Tonleitern - wie bringt man die Obertöne in eine Ordnung, mit der man Musik machen kann?
Nachdem Pytagoras herausgefunden hatte, daß unser musikalisches Schönheitsempfinden auf der Obertonreihe basiert, entwickelte er eine auf Brüchen basierende Tonleiter. Sie hatte jedoch den Nachteil, daß einige Intervalle der Musik, die hätten harmonisch klingen müssen, so ungenau getroffen wurden, daß die schief klangen. Die später entwickelte reine Stimmung behebt diesen Fehler, dafür klingt die Quinte nicht mehr rein.
Heute benutzt man die temperierte oder gleichschwebende Stimmung, bei der eine Oktave in zwölf Halbtonschritte aufgeteilt ist, deren Frequenz immer in demselben Verhältnis zunimmt. Auch hier gibt es Abweichungen zu den reinen Intervallen, sie sind jedoch deutlich geringer als bei den älteren Tonleitern. Da eine Oktave eine Verdopplung der Frequenz bedeutet, und der Kammerton A hat die Frequenz 440 Herz. Daraus kann man folgende Tabelle errechnen:
2.1.5 Schwebungen: Gestimmt wird nicht beliebig genau
Wenn zwei mit der Guitarre gleichzeitig angeschlagene Töne geringfügig voneinander abweichen, kann man hören, daß der Ton ein wenig "eiert". Es handelt sich dabei um Lautstärkeschwankungen, die man als Schwebung bezeichnet.
Diese Schwebung entsteht dadurch, daß die beiden gleichzeitig hörbaren Töne sich wie unten gezeigt überlagern. Da Töne Druckschwankungen sind, kann an einer Stelle im Raum immer nur ein Druck herrschen. Da die beiden Töne unterschiedlich schnell schwingen, überlagern sich manchmal zwei Bäuche in denen der Druck höher als im Mittel ist miteinander. Dann ist der Ton laut. Etwas später haben sich die Schwingungen so gegeneinander verschoben, daß sich hoher Druck mit niedrigem überlagert. Dann ist der Ton leise.
Man kann Schwebungen benutzen, um eine Guitarre zu stimmen. Je schneller die Lautstärke schwankt, desto stärker unterscheiden sich die beiden Töne voneinander. Wenn sie fast gleich hoch sind, hört diese Lautstärkerschwankung auf. Eine solche Schwebung wird aber nicht beliebig langsam, sondern hört ab einem bestimmten Punkt (~1 Hz) einfach auf.
Eine Saite die schwingt, nimmt den Steg ein wenig mit, so daß sie tatsächlich etwas tiefer klingt, wie eine etwas längere Saite. Dadurch wird der Schall auf den Resonanzkörper übertragen.
Wenn nun zwei Saiten auf demselben Steg gespannt sind, die etwas eine unterschiedliche Grundschwingung haben, nimmt die, die etwas voraus ist den Steg mit und die zweite Saite wird am Ende passiv hinterhergezogen, so daß ein Knoten weiter innen dicht am Ende der Saite entsteht. Die Saite mit der niedrigeren Grundfrequenz klingt deshalb etwas höher als ihrer Länge entspricht, so daß beide Saiten gleich hoch klingen, wenn der Unterschied
gering genug ist.
2.2 Blasinstrumente: Longitudinale Schwingungen in der Musik
Longitudinale Schwingung
Bei Flöten, Orgelpfeifen und Trompeten liegt an offenen Enden liegt immer ein Schwingungsbauch, an geschlossenen ein Schwingungsknoten.
Man kann die Stelle, an der der Ton erzeugt wird bezüglich der Luftbewegungen jeweils als offenes Ende
betrachten. Das andere Ende ist ebenfalls ein offenes Ende, da die Flöte dort offen ist und die Luft dort
ebenfalls frei schwingt. Nur die Gedackten Orgelpfeifen sind am Ende verschlossen, was dann naheliegenderweise als festes Ende zählt, an dem immer eine Schwingungsknoten liegt, weil sich die Luft dort nicht hin und herbewegen kann.
Chladney zeigte das als erster, indem er eine Metallplatte, auf die Sand gestreut war, mit einem Geigenbogen zu Schwingungen anregte. An den Schwingungsknoten blieb dann der Sand liegen, während er an den
Schwingungsbäuchen durch die schwingende Platte ständig in Bewegung gehalten wird, bis er schließlich
zu einem Knoten gelangt und dort liegenbleibt. Das entstehende Bild wird Chladneysche Klangfigur genannt.
Geigenbauer klopfen den unfertigen Resonanzkörper ihrer Geigen üblicherweise ab, um deren Klang zu prüfen. Durch entfernen kleiner Holzspäne optimieren sie ihn so, daß er die passenden Resonanzfrequenzen hat, um alle Töne der Geigensaite optimal zu verstärken. Carleen Haley Hutchins hat Klangfiguren, die sie auf dem Boden und Deckel einer Geige erzeugte verwendet, um den Klang ihrer Geigen zu optimieren4. S.88ff. Dabei stelle sie fest, daß die Tiefste Resonanzfrequenz von Deckel und Boden sich um einen Halbton unterscheiden sollte, um einen guten Klang zu ergeben.
Musikinstrumente wie die Flöte gab es schon in der Steinzeit und es gibt sie in allen Kulturen. Bei etwas das so allgegenwärtig wie Musik ist, muß man davon ausgehen, daß es einen evolutionären Nutzen hat oder mit etwas zusammenhängt, das einen solche Nutzen hat.
Obertonreihen dienen dazu, erkennbar zu machen, welche Schwingungen zu demselben Gegenstand gehören.
Im menschlichen Körper gibt es mehrere Taktgeber, die unsere inneren Rhythmen wie Herzschlag, Tag-Nacht-Rhythmus, Schlafrhythmus. Alle bestehen aus System, das einen Takt
vorgibt und einer Rückkopplungsschleife, ihn mit der Umgebung synchronisiert. Wenn Außenreize fehlen, die zu Synchronisation geeignet sind, haben wir beispielsweise einen etwas
längeren Schlafzyklus als 24 Stunden.
aufeinander einstimmen des Arbeitsrhythmus, Shanties=Matrosenlieder, Waschfrauenlieder,
Marschmusik, Trance, die Leichte, Spirituals für Trancegottesdienste, Beim Gehen das richtige Tempo finden, Rudern ....
Tanzen und soziales aufeinander Einstimmen, Soziale Resonanz
Auch bei Resonanzkörpern von Musikinstrumenten und bei Trommeln entstehen werden jeweiligen Resonanzfrequenzen Schwingungsbauchflächen und Knotenlinen die sich als Chladneysche Klangfiguren darstellen lassen. Oberschwingungen der Blas- und Saiteninstrumente
sind ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung. Der Grundton entspricht der Tonhöhe, die
Obertöne prägen die Klangfarbe. Uns gefallen Tonhöhenverhältnisse, wie sie in der Obertonreihe vorkommen, also einfache Brüche. Eine Tonleiter zu konstruieren, die der Obertonreihe (und damit unserem Schönheitsempfinden) keine Gewalt antut ist nicht einfach. Im Endeffekt wurde die Oktave, die einem Frequenzverhältnis von 1/2 entspricht, logarythmisch in 12 Intervalle geteilt.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615,
https://www.kersti.de/,
Kersti_@gmx.de
Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im Voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.
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