erste Version: 3/2011
letzte Bearbeitung: 7/2012
Vorgeschichte:
FF104.
Wo ist mein Einhorn?
Lo'ki'ah'tjo erzählt:
Immer wieder wurde ich so schwer verletzt, daß ich dringend die Hilfe eines Heilers brauchte. In solchen Fällen riß ich mich von der Kette los, indem ich mir meinen eigenen Fuß abriß, um bei meinen eigenen Leuten Hilfe zu suchen oder einer der Fenrire oder Ahrimane sammelte mich ein und brachte mich zu unseren Heilern. Und jedes mal war ich dort gefragt worden, ob ich nicht lieber zurück an die Oberfläche will. Wer zurück hoch ging, tat das nämlich nicht, weil sein feinstofflicher Körper zu schwer verletzt wäre - hier unten hatten wir bessere Heiler als oben - sondern weil er das ganze Leid einfach nicht mehr aushielt. Ich hatte jeweils, wie die meisten von uns, mit "Nein" geantwortet und war so bald wie möglich zu meinen Satanen zurückgekehrt, weil ich wußte, daß sie mich brauchten und daß ein anderer Heiler von unserer Gruppenseele für sie kein Ersatz gewesen wäre. Nicht weil sie ihn nicht akzeptiert hätten, sondern weil in solchen Fällen immer für lange Zeit die Selbstmordrate unter den Satanen zunimmt.
Wenn ich zurückkam, wurde ich jedes mal auf eine Weise begrüßt, die ich bizarr fand. Der Satan kettete mich wieder an und tadelte mich mit der Begründung, daß es gefährlich sei, in den Höllen herumzulaufen, weil dann irgendein Satan kommen und mich fressen könnte. Außerdem gäbe es in den anderen Höllen gefährliche Krankheiten. Daß er mich jedes mal vorher so verletzt hatte, daß ich ärztliche Hilfe brauchte, war ihm völlig entfallen. Auch an die Episode, wo wir seine Hölle abgeriegelt hatten, um sie von einer eine Pilzinfektion zu befreien, bevor sie sich über alle Höllen ausbreiten konnte, konnte er sich nicht erinnern. Schon zu der Zeit, wo ich hinunterging in die Höllen, wurden Mitglieder meiner eigenen Gruppenseele von den Satanen sehr viel seltener gefressen als kleine Satane. Lokis und Einhörner hatten deshalb die hundertfache Lebenserwartung eines gleich großen Satan-Anteils. Wir waren auch für die viele Krankheiten immun, die für Satane gefährlich sind. Für die meisten der restlichen hatten wir Heilmethoden, die zumindest bei uns selbst funktionierten. Bei Satanen war es generell schwieriger, sie zu heilen, weil sie so krank waren, daß ihre Abwehrkräfte nicht mehr richtig funktionierten.
Die letzte solche Episode erzähle ich hier ausführlich:
Eben heilte ich noch in einem Zustand tiefster Erschöpfung an diesem Drachen herum, dann wachte ich inmitten einer dünnen Ascheschicht auf und fühlte mich, als wäre eben ein tonnenschwerer Felsbrocken auf mich gefallen. Ich versuchte aufzustehen und stellte fest, daß das die Schmerzen vervielfachte und nicht so recht ging. Ich war auch so zermatscht, als wäre ein tonnenschwerer Felsbrocken auf mich gefallen. Außerdem fühlte sich meine Haut völlig verbrannt an, meine Augen taten mir weh und ich konnte nichts sehen.
Ich zog mich zu einer Kugel zusammen und rollte mich in eine aufrechtere Haltung. Dabei wurde ich durch die Kette an meinem Fuß behindert. Wie kam es, daß mich das verdammte Ding immer noch festhielt, obwohl ich jetzt nur noch Matsch war? Ich zappelte, um mich zu befreien, hatte aber keinen Erfolg. Ich untersuchte die Kette und kam zu den Schluß, daß ich mich nur daraus befreien konnte, wenn ich mir selber den Fuß abriß. Und ich mußte zu meinen Leuten gehen, denn ich brauchte dringend einen Heiler. Also riß ich mir den Fuß ab und kroch los zu dem sicheren Ort, wo unsere Heiler waren.
Danach habe ich wieder eine Gedächtnislücke. Der Ahriman, der mich behandelte, als ich wieder wach genug war, um zu sprechen, erzählte mir, daß ich es wahrhaftig aus eigener Kraft fast bis zur Tür geschafft hatte, doch ich selber konnte mich nicht daran erinnern. Danach hatten sie drei Tage lang an mir herum geheilt, bis ich endlich wieder zur Besinnung kam. Ich war zu schlaff, um viel zu denken oder zu tun und schlief einfach wieder ein, bis zur nächsten Behandlung. Und ich verschlief auch die Pausen zwischen den folgenden Behandlungen. Ich hatte Träume von Satan-Schnurzeln, die mir Fleischfetzen aus dem Körper rissen, nur daß sie diesmal keine inneren Organe zerfetzen konnten, weil ich eine lose Hautschicht an der Körperoberfläche hatte, die die Schnurzel dann statt meinem Fleisch in den Zähnen hatten. Das war tatsächlich eine gute Idee. So würde ich es beim nächsten Mal machen.
Wochen später erst war ich lange genug wach, um mir Gedanken zu machen, was aus meinen Satanen geworden war. Mir fiel ein, wie der große Drache alle fünf Minuten nach dem Einhorn gefragt hatte, das er selbst gefressen hatte. Wie er immer wieder gesagt hatte: "Aber ich brauche das doch!" und ich begann mir Sorgen zu machen. Ich öffnete die Augen und konnte immer noch nichts sehen.
Verdammt!
Ich richtete mich auf Händen und Knien auf.
"Hallo?" fragte ich in den Raum.
"Lo'ki'ah'tjo?" antwortete eine Stimme ganz in meiner Nähe. Es war ein Ahriman, so weit ich das beurteilen konnte.
"Was ist mit meinen Augen?" fragte ich.
"Sie sind so schwer verbrannt, daß wir sie nicht heilen konnten. Vielleicht sollten wir dich nach oben schicken." antwortete er.
Ich betrachtete das Bild meiner Augen und die Auflistung der gefundenen Schäden, die er mir rüberspiegelte und dachte mir, daß die da oben auch nicht wissen, wie man so etwas heilt.
"Wie finde ich mich ohne Augen zurecht?" fragte ich.
"Ask'iah'tjah ist grade hier. Sie ist ein blindes Einhorn. Frag sie, wie sie das macht." riet er mir.
"Bring mich hin." entschied ich.
Ask'iah'tjah war nicht nur blind sondern auch taub. Sie erklärte mir, wie man winzige, atomgroße Aussendungen macht, mit denen man die Umgebung abtasten und Geräusche aus der Luft lesen kann. Sie erzählte mir wie man Sprache vom Kehlkopf abgreift und viele andere nützliche Dinge, mit denen man Behinderungen kompensieren kann. Und ich merkte mir das alles gut, denn ich fürchtete, daß ich es bald brauchen würde.
Dann übte sie das Verfahren mit mir und ich erschrak, als mir dadurch klar wurde, wie vernarbt ich bereits war. Ask'iah'tjah merkte, wie ich zusammenzuckte.
"Entsetzt?" fragte sie.
Ich nickte.
"Du wirst dich daran gewöhnen müssen." erklärte sie mir, "Und es wird schlimmer."
Ich begann zu weinen. Ich kannte Ask'iah'tjah von früher. Sie war wunderschön gewesen. Weiß, glänzend und elegant, mit ihrem schimmernden Schwert auf der Stirn. Ich kannte viele von den Einhörnern, hatte mit ihnen im Lager gesessen und gemeinsam gescherzt, damals bevor sie in die Höllenebenen gingen. Und jetzt waren sie vernarbt, verkrüppelt und verstümmelt. Allesamt. Und noch viel mehr waren gefressen worden.
Ask'iah'tjah berührte mich tröstend und ließ mich weinen.
Ich verriet ihr nicht, daß ich um sie weinte, sondern bedankte mich nur für ihre Hilfe.
Fortsetzung Lokis:
FF106.
Morpheus Bankettsaal
Fortsetzung Ahriman:
FF152.
Sie verliehen Loki einen Titel, der sich am Besten mit
"Hofnarr" übersetzen läßt und erlaubten ihm nahezu alles
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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