erste Version: 3/2020
letzte Bearbeitung: 3/2020

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Kriminelle Adelige und tödliche Sklaven

F1664.

Ich hätte Tharrs Akte durchlesen sollen, bevor ich das erste mal mit ihm rede

Vorgeschichte: F1663. Tharr vom Licht: Mit den Technikern war es ganz anders als mit den Kriegssklaven. Sie waren wesentlich reservierter

Seman LZB7-200-30 erzählt:
Ich hätte Tharrs Akte durchlesen sollen, bevor ich das erste mal mit ihm rede. Natürlich meine ich die Zuchtmenschenakte, nicht was Freigeborene mit einer Akte verwechseln. Ich hätte dann irgendetwas machen müssen, damit sein Vorgänger nicht merkt, daß ich lese statt zu arbeiten, weil die Akte sehr umfangreich ist und ich deshalb sehr schnell hätte lesen müssen, um alles vorher durch zu haben. Außerdem hat es mich ehrlich gesagt abgestoßen, daß die Krieger Tharr so in den Himmel gelobt haben. Ich habe mich also benommen wie ein Freigeborener und mich durch Vorurteile vom Lesen abhalten lassen und das hätte ich nicht tun sollen.

Jedenfalls stellte ich fest, daß Tharr der erste Freigeborene ist, der mir je begegnet ist, der mich dabei erwischt hat, wie ich Dinge vertusche, die Freigeborene nicht wissen dürfen. Er zeigte mir auch, welche Veränderungen ich vorgenommen habe und erklärte zudem völlig richtig, zu welchen weit umfangreicheren Änderungen diese vertuschten Dinge gehören. Ich hatte deshalb kein schlechtes Gewissen weil ich ehrlich gesagt der Ansicht bin, daß Mörder eine Strafe verdient haben und was noch viel wichtiger ist - sie müssen von weiteren Morden abgehalten werden. Trotzdem dachte ich natürlich, jetzt würde es eine richtig schwere Strafe geben. Die Sorte, die man sich lieber nicht vorstellt.

Als allererstes sagte er, er würde nur aktuelle Straftaten bestrafen, denn er hätte die neuen Regeln erst eingeführt als er gekommen wäre. Vorher hätte hier Krieg geherrscht. Dann erklärte er mir, daß er von seinem ersten Tag bei der Raumflotte an darum gekämpft hätte, daß das Lebenshaltungssystem der Schiffe, auf denen er fährt, in Ordnung ist. Er wäre sehr froh, daß die Station da keine schwerwiegenden Defizite aufweist und das hätten wir ohne diese Maßnahmen nicht hinbekommen. Außerdem würde er es sehr begrüßen, daß wir unsere Kinder schützen, denn Kinder verdienen Schutz und Fürsorge.

Ich fragte mich, warum er das sagt, wenn er mich bestrafen will. Das paßte irgendwie nicht.

Danach erzählte er mir daß er schon bessere Umprogrammierungen dieser Art auf der Thorion gesehen hätte und schlug mit vor, mich bei den Kriegssklaven fortzubilden, damit wir das richtig lernen. Die hätten nämlich jeden Mörder aus dem Weg geräumt und nicht nur ein paar. Er sagte zudem, daß er wollte, daß wir mit diesen Fortbildungen sofort beginnen. Zwar würde er davon ausgehen, daß er es geschafft hätte, daß wir auf der Station selbst diese Ausbildungen nicht mehr brauchen, um unseres Lebens sicher zu sein. Er hätte aber auch schon auf mehreren Kriegsschiffen gedient, ehe er auf die Thorion gekommen sei und er wüßte wie es in der Welt zugeht. Wer die Station verlassen muß, bräuchte daher eine ausreichend gute Ausbildung in Selbstverteidigung, bevor er geht.

Ich dachte, ich hätte mich verhört. Doch er redete noch weiter, denn er meinte, er wolle diese Ausbildungen auf lange Sicht auch noch durch den König absegnen lassen und wir sollten uns dafür eine möglichst harmlose Begründung ausdenken. Ich fragte ihn, ob er ernsthaft meine, daß der König so etwas absegnen würde.
"Ja das meine ich, denn es gab bereits diverse Mordversuche auf ihn und die wurden durch Adelige durchgeführt." antwortete Tharr.
Ich konnte es nicht glauben und ging wieder zu Treron, erzählte ihm die Begebenheit und fragte ihm, ob Tharr das ernst meint.
"Ja. Er meint es ernst und hat einiges von den Plänen bereits durch königliche Befehle absegnen lassen." antwortete Treron und zeigte mir Befehle, die kurz vor meinem Gespräch mit ihm abgesegnet worden waren.

Ist das denn zu glauben: Wir haben die schlimmsten Freigeborenen in tödliche Unfälle verwickelt und Tharr vom Licht sagt dazu nur: "Kinder verdienen Schutz!" und "Bildet euch bei den Kriegern weiter, die können das besser!"???

Ich nahm mir jedenfalls vor, die Akte wirklich durchzulesen. Andererseits waren die aktuellen Ereignisse so aufregend und weltverändernd, daß diverse Pläne aktualisiert werden mußten und wir trotz der Erleichterung, daß Tharr die Leute von der Benutzung der Strafer abhält, zu wenig Zeit hatten.

Ehrlich gesagt, machte es überhaupt keinen Sinn, die Pläne zu aktualisieren, ohne Tharrs Akte durchzulesen, denn er stellt gerade alles Kopf, was ich für den Lauf der Welt hielt und ich muß mehr über diesen Mensch wissen, wenn ich einschätzen will, was das für unsere Pläne bedeutet. Ich nahm mir also sofort Zeit dafür und unterbrach es nur für dringende Dinge, die sehr viel Konzentration erfordern.

Danach war noch klarer: Ich hätte Tharrs Akte durchlesen sollen, bevor ich das erste mal mit ihm rede. Dann hätte ich auch gewußt, warum die Krieger ihn so positiv beurteilen, statt mich von meinen unfundierten Vorurteilen beherrschen zu lassen. Und ich hatte die Krieger für einfach zu gutmütig gehalten, dabei waren sie viel härter vorgegangen als wir, bevor Tharr der Kapitän der Thorion geworden war. Danach hat Tharr mit jedem Jahr, das er dort war, mehr zum Positiven geändert, und mir ist das völlig entgangen. Stattdessen hatte ich angenommen, daß die Krieger Märchen erzählen.

Kersti

Fortsetzung:
F1669. Tharr vom Licht: Ich fragte Treron sehr vorsichtig, wie die Zuchtmenschen wohl darauf reagieren würden, wenn der neue König ein Kind von den Technikern oder Ärzten adoptieren wollte

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben