erste Version zwischen 01.05. und 07.06.2000
letzte Überarbeitung: 9/2006
Um zu entscheiden, welche Aussagen man in einer Demokratie verbieten darf und welche nicht, muß man sich die Frage stellen: "Handelt es sich hier um Wahrheitssuche - oder um Aufrufe zum Handeln?". Wenn ein Mensch eine noch so abwegige Ansicht darüber äußert, wie ein bestimmtes Ereignis in der Vergangenheit abgelaufen sein könnte, oder auch, ob es überhaupt geschehen ist, so darf ihm das nicht verboten werden, denn ein Gedanke, den man nicht bewußt zu durchdenken wagt, ist wie eine Fliege: Jedesmal wenn man ihn verjagt, taucht er aus einer anderen Richtung wieder auf und setzt sich genau dahin, wo man ihn nicht haben will. Sollte Anlaß zu der Vermutung bestehen, daß ein solcher Gedanke Anlaß zu Handlungen bietet, die verbrecherisch sind, darf vorgeschrieben werden, daß dieser Gedanke nur zusammen mit einer sachlichen Widerlegung veröffentlicht werden darf. Aufrufe zum Handeln wie: "Nehmt Drogen, Leute!" können dagegen durchaus verboten werden, ohne daß das gesellschaftlichen Schaden anrichtet. (Nicht verboten werden darf aber beispielsweise ein Text, der die Gefahren von Drogen gegen ihren Nutzen abwägt, selbst dann nicht, wenn er zu dem Ergebnis käme, daß Drogen etwas Gutes seien - das ist wieder Wahrheitssuche. Da gehört eine Widerlegung hinter.) Tatsächlich ist es irreführend, daß im Grundgesetz für diesen Komplex des öffentlichen Lebens der Begriff "Meinungsfreiheit" gebraucht wird. Denn darum geht es eigentlich gar nicht. In Wahrheit geht es um die ungehinderte Wahrheitssuche. Eine Meinung ist immer nur (oder sollte es zumindest sein) ein Augenblicksbild, das immer mehr oder weniger falsch ist. Nur wer sich ungehindert aus allen denkbaren Quellen über jede noch so ungewöhnliche Ansicht und ihre Gründe informieren kann, kann hoffen, der Wahrheit nahezukommen. Wer eine unrealistische Vorstellung darüber hat, wie es in der Welt aussähe (auf das jeweilige Thema bezogen)
kann natürlich auch keine angemessenen Entscheidungen darüber treffen, was zu tun ist.
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VA5.
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Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5,
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Da ich es leider nie schaffe, alle Mails zu beantworten, schon mal
im voraus vielen Dank für all die netten Mails, die ich von
Lesern immer bekomme.