Die Stimmung war wieder entspannter geworden. Unterwegs hörte man die
Männer lachen und scherzen. Meine eigene Familie besuchten wir
ziemlich am Schluß der Rundreise. Wir stiegen auf dem kleinen Hof
von den Pferden, lachend begrüßte ich meinen kleinen Bruder, der
mir entgegengerannt kam und schwang ihn im Kreis herum. Dann ging ich zu
meinen Eltern, die in der Tür auf mich warteten. Die Männer und
mein König folgten mir.
"Warum ist Teris nicht bei dir?" fragte meine Mutter nach meinem
Bruder.
"Er ist schwer verletzt. Er hat das rechte Bein bis zum Knie verloren,
wird aber überleben, wenn ich dem Arzt glauben darf. Laß uns
reingehen, damit wir den Rest der Geschichte in Ruhe erzählen
können." antwortete ich.
Dann sah meine Mutter in die Augen des Königs, erkannte ihn und
erstarrte ungläubig. Ich ergriff fest ihre Schulter, wartete,
bis sie mich ansah und legte dann ernst den Finger auf die Lippen. Sie
nickte kaum merklich.
Dann war es Zeit, die ganze Geschichte des Attentats zu erzählen. Diesmal dauerte es länger als bei den anderen Familien, denn meine Eltern mußten auch erfahren, wie es kam, daß ich jetzt Hauptmann der Garde war. Am Ende der Geschichte sah sie mich ganz merkwürdig an.
"Mutti, wir müssen noch einmal allein miteinander und dem
König sprechen." sagte ich.
Meine Mutter winkte uns ins Schlafzimmer und betrachtete den König
eindringlich. Schließlich sagte sie:
"Wir kennen uns doch."
Der junge König nickte:
"Ja. Ich war schon mehrfach hier zu Besuch."
"Der beste Freund bei den Kadetten... " wiederholte sie die Worte,
mit denen ich damals den Prinzen bei ihr vorgestellt hatte.
"Das war er auch. Schließlich hat er bei den Kadetten
kämpfen gelernt. Und wir sind befreundet."
"Es war sehr dumm, daß ihr beiden ohne Wachen hierhergekommen
seid." sagte meine Mutter tadelnd.
"Jetzt weiß ich es auch. Und das ist der Grund, weshalb ich
will, daß du darüber schweigst. Es wäre gar nicht gut,
wenn irgendeiner der Kadetten eine ebensolche Dummheit mit dem
Argument rechtfertigen könnte, daß der Gardehauptmann es ja
auch gemacht hat."
Sie nickte.
"Ich werde darüber schweigen. Aber eins begreife ich nicht.
Warum ist nicht, Gared Gardehauptmann? Er hat doch viel mehr
Erfahrung."
"Das geht auf einen Rat vom Bruder des Königs zurück -
dem Abt - er meinte, daß der König jemanden braucht, der
unverschämt genug ist, ihn mit einer Tracht Prügel ins Bett
zu stecken, wenn er Dummheiten macht."
"Na dann hat er ja den Richtigen gefunden. Ich kann mich noch
erinnern, wie der alte Gardehauptmann zu mir kam und sich über
meinen unmöglichen Jungen beschwert hat. Du wärst wegen
deiner Streiche beinahe aus der Garde geflogen, weißt du das?
Nur weil der König sich für dich eingesetzt hat, durftest
du bleiben."
Ich hatte tatsächlich als Kadett ständig wegen irgendetwas
Ärger. Wohl niemand wurde so oft mit einer Tracht Prügel ins
Bett gesteckt wie ich.
"Echt? War es so schlimm?" fragte ich zurück.
"Ja."
"Aber warum hat sich denn dann der König für mich
eingesetzt?" fragte ich.
"Weil sein Sohn dich so liebte, Korith."
Da hatte mich also meine Freundschaft vor einer Menge Ärger bewahrt.
Auf dem Rückweg nach Hause wurden wir von 10 fremden Kriegern abgefangen. Wir besiegten sie in einem Kampf, der nur Sekunden dauerte, dann flohen sie.
Ein Text von Kersti Nebelsiek, Alte Wilhelmshäuser Str. 5, 34376 Immenhausen - Holzhausen, Tel.: 05673/1615, Internetseite: https://www.kersti.de/ E-Mail an Kersti
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