F1667.

Als ich dann ein zweites mal losfliegen wollte, um die restlichen Verletzten zu holen, wurde mir das verboten

Vorgeschichte: F1666. Treron XZB12-5-13: Am dritten Tag fragte ich Tharr, ob er mir den Schlachtplan zeigen kann

Tharr vom Licht erzählt:
Als ich das erste mal zu den Kriegssklaven reingegangen war, hatte ich vor ihnen Angst gehabt, doch ich stellte ziemlich schnell fest, daß diese Angst auf einer Fehleinschätzung beruht hatte. Sie waren nie das Problem auf der Thorion gewesen. Das Problem waren ihre Vorgesetzten. Klar, die XZB12s waren wirklich gefährliche Krieger, aber wenn man sie behandelt, wie man jeden Menschen behandeln sollte, sind sie die besten Untergebenen, die man sich wünschen kann.

Ganz anders war das mit den anderen Offizieren auf dem Schiff, beginnend mit den Gruppenführern, die wie ich eine der Landefähren fliegen sollten - oder genauer gesagt sollte ich im Cockpit sitzen, während mein Techniker das Schiff über seine Implantate fliegt. Der Techniker war auch Zuchtsklave, ein umgänglicher und fleißiger Mensch, den ich gerne um mich hatte. Warum ich dann Pilot bin und er nur wie ein unbedeutender Untergebener geführt wurde, war mir unverständlich, denn er hatte selbst von meinem eigenen Fachgebiet als Offizier mehr Ahnung als ich, wie man daran erkennen konnte, daß die Kriegssklaven ihn fragten, wenn es um organisatorische Dinge ging und ich die Leute nur gegenüber mit mir Gleichrangigen und Vorgesetzten vertrat. Aber meine gleichrangigen Kollegen und Vorgesetzten waren die reinste Landplage. Ich hatte bisher auf jedem Schiff, auf dem ich diente, Angst gehabt, daß mir jemand ein Messer in den Rücken sticht. Aber hier waren es nicht nur ein paar Leute, die ich beängstigend fand, sondern gut die Hälfte des Offizierscorps.

Mein Techniker war mit mir einer Meinung und riet mir bei meinen Untergebenen zu essen. Die Idee setzte ich dann um und stellte fest, daß die XZB12s überhaupt keine normalen Nahrungsmittel kannten. Ich ließ sie mein Marmeladenbrot probieren und sie erzählten mir, daß sie fanden, daß das völlig verrückt schmeckt. Auch bei den weiteren Gesprächen merkte ich, daß sie wirklich nichts von der Welt kannten. Sie wollten auch wissen, wie ich aufgewachsen war und fanden alles, wovon ich redete, so fremdartig, daß sie sich nichts unter meinen Worten vorstellen konnten. Nach dem, was sie erzählten, hatten sie zwar in der Schule lesen und schreiben gelernt, aber sonst gab es nur praktische Kampfübungen.

Dann wollte Treron den Schlachtplan sehen und ich ließ ihn mal schauen, auch wenn ich erwartete, daß er den nicht versteht, schließlich ist das eine Landkarte mit Symbolen und schriftlichen Anleitungen und er hatte nicht gesagt, daß sie Kartenlesen gelernt hätten. Ich ließ ihn trotzden gucken und stellte fest, daß ich mich geirrt hatte. Er warf einen Blick auf die Karte und erklärte mir dann, daß das gar kein richtiger Schlachtplan ist und was man alles aus welchen Gründen allen ändern muß. Ich hörte mir das zunehmend irritiert an, nicht weil er irgendetwas falsch gemacht hätte, sondern weil er jede Schraube der Landefähre zu kennen und besser zu wissen schien, wie man sie fliegt, als ich. Dabei hatte ich tatsächlich gelernt, wie man sie von Hand fliegt, auch wenn das normalerweise nicht meine Aufgabe war. Außerdem konnte er mir Dinge über Strategie und Taktik der Bodenkriegsführung beibringen, die - da bin ich mir sicher - meine Professoren an der Uni nicht verstanden hätten. Zuerst dachte ich, ich hätte mich verhört, als er zu reden anfing. Aber zu den Schrauben der Landefähre habe ich später meinen Techniker gefragt, ob das wirklich so ist und er hat es mir bestätigt. Ihn schien es gar nicht zu wundern, daß die XZB12s den Konstruktionsplan der Landefähren auswendig kennen. Er fragte mich, ob ich etwas wüßte, womit sie sonst ihren Geist beschäftigen könnten, damit sie nicht vor Langeweile sterben.

Jedenfalls hatten die Krieger recht mit ihren Änderungsvorschlägen in den Schlachtplänen und das machte ich dem Kapitän klar. Ihm schien das nur unbequem zu sein, auch wenn er den Plänen immerhin zustimmte und es zuließ, daß sie umgesetzt wurden.

Und dann kam der Tag der Schlacht. Ich mußte drei Flüge machen, um meine Krieger abzusetzen, um die Überlebenden abzuholen war aber nur ein Flug vorgesehen, was die Krieger als zu wenig bezeichneten, der Kapitän aber als ausreichend deklarierte.

Ich landete nach der Schlacht und sah, daß die Krieger recht gehabt hatten. Da waren mehr, als man mit einem Flug abholen konnte. Ich beschloß, darauf zu bestehen, daß ich ein zweites mal fliegen mußte. Kaum waren die Krieger das erste mal mit Verletzten in die Landefähre gesprungen, erhielt ich den Befehl abzufliegen. Während ich noch überlegte, was ich jetzt machen sollte, blinkte eine rote Anzeige auf, die einen Totalausfall der Triebwerke anzeigte. Ich erschrak, meldete das noch oben und hörte gleichzeitig, daß alle Landefähren irgendeinen Schaden hatten und deshalb nicht abheben konnten. Ich fragte mich, was ich jetzt machen sollte, als der Techniker schon aus der Schublade krabbelte, in der er immer den Flug durchführte und mir sagte, ich solle mir keine Sorgen machen, er würde das schon wieder in Ordnung bringen. Dann begann ich mich zu wundern. Ich hatte die Fähre selber durchgetestet und sie war in Ordnung gewesen. Außerdem - warum sollte alle Landefähren einen so gravierenden Ausfall haben, daß sie nicht abheben können? Das hatten sie doch bei den anderen Schiffen auch nicht.

Ich beobachtete, wie die Krieger ihre Verletzten im Schiff verstauten und spätestens, als ich feststellte, daß die Schadensmeldung erst erlosch, als sie fertig waren, war ich mir sicher, daß gar nichts kaputt gewesen war. Der Techniker meinte, er hätte etwas suchen müssen und ich sagte dazu nur, daß ich sehr froh gewesen sei, daß wir die Zeit gehabt hatten, das Boot voll zu beladen. Er lächelte mich plötzlich an.

Als ich dann ein zweites mal losfliegen wollte, um die restlichen Verletzten zu holen, wurde mir das verboten und niemand interessierte sich für meine Proteste. Von den anderen Piloten versuchte es keiner.

Kersti

Fortsetzung:
F1668. Treron XZB12-5-13: Tharr war wirklich kein richtiger Freigeborener

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben