erste Version: 5/2021
letzte Bearbeitung: 5/2021

Das Sternenreich der Zuchtmenschen: Gruselige Experimente

F2057.

"Wieso die Hände brauche ich doch nicht für die Gespräche." antwortete ich und wunderte mich wieder einmal, wo das Verständnisproblem der Freigborenen lag

Vorgeschichte: F2056. Dieter: Dann haben sie mir den Bauch und den Hals aufgeschnitten und ich dachte sie wollen mich schlachten

Jender LZB99-950-41 erzählt:
Genau wie ich war Dieter operiert worden, als er gerade ausgewachsen war. Ich bin zu ihm hin, sobald seine EEG zeigte, daß er am aufwachen war. Allerdings war der Arzt schneller gewesen, da er den kürzeren Weg hatte und kam mir in der Tür entgegen. Er meinte, ich solle mal versuchen, ob ich ihn beruhigen könnte, der Junge hätte offensichtlich Angst vor ihm. Ich ging also rein und fragte mich, warum er Angst hat, wenn er doch eigentlich wissen müßte, daß er das eigentlich Schlimme überstanden hatte. Als ich die Schublade ausfuhr, um nach ihm zu sehen, sah ich auch, daß er offensichtlich völlig verängstigt war. Ich überlegte, wie ich ihn am Besten beruhigen konnte und sagte ihm daß sie das mit mir auch gemacht hätten und daß er keine Angst haben müßte, sie würden ihm nicht wieder wehtun. Aus irgendeinem Grund beruhigte ihn ein Blick auf meine Hände, was ich gar nicht verstand. Was bitteschön ist ausgerechnet an meinen Händen beruhigend? Der Zugang für künstliche Ernährung war eingestöpselt und mußte dort auch bleiben, bis die Operationswunde verheilt war, aber laut seiner Akte konnte der Junge immerhin lesen und schreiben, daher erklärte ich ihm, wie man Bildschirm und Tastatur verwendet, um sich zu verständigen, schob den Bildschirm in die Halterung über dem Bett, damit er lesen oder Filme sehen konnte, wenn er sich langweilt und zeigte ihm, wie man die Hände losmacht. Ich erklärte ihm, daß er sich zwar grundsätzlich selbst losmachen kann, wenn er will, jetzt aber liegen bleiben muß, damit seine Wunden in Ruhe heilen können. Bevor er eine Antwort getippt hatte schlief er wieder ein.

Ich suchte mir dann Arbeiten, die ich in der Nähe machen oder mir hierher mitnehmen konnte und behielt das EEG im Blick, um da zu sein, wenn er das nächste mal wach war. Als der Arzt das dritte mal langsamer bei ihm war als ich, fragte er mich, ob ich eigentlich nichts zu tun hätte oder wie ich das sonst schaffte. Daraufhin zeigte ich ihm die kleine Werkstatt die ich mir im leeren Nachbarraum eingerichtet hatte und er fragte mich, wie ich dann die Leute beaufsichtige. Ich erklärte, daß ich dazu das Leitungsnetz benutze, denn wenn ich hin und herlaufe bin ich doch sowieso nie da, wo ich gerade gebraucht werde. Er antwortete mir, er würde ja selber sehen, daß die Meßwerte für die Luftqualität jeden Tag besser werden und daß auch jeden Tag mehr Meßwerte abzulesen sind als am Vortag, er würde nur nicht verstehen, wie ich das mache, während ich den ganzen Tag so entspannt und gut gelaunt wirke, als wäre ich auf Urlaub.

Ich schaltete einen der Bildschirme an der Wand an, ärgerte mich, daß er eine Bildstörung hatte, wie ungefähr jeder, den ich je hier gesehen hatte und zeigte ihm eines der Gespräche, das ich über die Raumlautsprecher mit einem der Sklaven führte, damit er sehen konnte, wie ich das mache. Er sah mich ganz seltsam an, nachdem er sich einige Minuten angehört hatte, wie ich dem Sklaven seine Arbeit Schritt für Schritt erklärte. Er war einer von denen, die erst seit kurzem hier waren und daher mehr Anleitung brauchten. Es gab natürlich auch welche, die bereits mehr verstanden hatten und daher selbstständiger arbeiteten.
"Mit wie vielen Leuten machst du das so?" fragte er.
"Fünf. Die anderen fragen nur manchmal zwischendurch nach, wie man etwas genau macht oder ob ich mal nachschauen kann, was genau schief gelaufen ist." antwortete ich.
"Du führtst fünf solche Gespräche gleichzeitig?" fragte er mich.
"Ja und damit ich mich nicht langweile, lese ich noch ein Buch nebenher." antwortete ich.
Er sah mich noch merkwürdiger an und fragte mich, wie ich es schaffen würde, dann noch selber handwerklich zu arbeiten.
"Wieso die Hände brauche ich doch nicht für die Gespräche." antwortete ich und wunderte mich wieder einmal, wo das Verständnisproblem der Freigborenen lag. Die stellten nämlich alle so komische Fragen. Meine Sklaven verstanden das übrigens auch nicht. Sie unterhielten sich aber gerne mit mir.

Bevor er wieder gesund genug war, um aufzustehen, langweilte sich der Junge genug, um das Netz zu erkunden und als ich ihn ansprach, erschrak er zuerst und ich erklärte ihm, daß ich nicht in seinem Kopf war, sondern er über die Kabel ins Internet gegangen war und sich so über die Kameras in den Gängen ansehen konnte, was alle tun, und sich auch jederzeit mit mir unterhalten könne. Er stellte mir dann diverse Fragen zu meiner Herkunft und meinem Leben, die ich ihm gerne beantwortete. Bei diesen Gesprächen sagte er mir auch, warum er solche Angst gehabt hatte: Die Idioten hatten ihm vorher nicht gesagt, was sie mit ihm vorhatten, deshalb hatte er gedacht, sie wollen ihn umbringen, ein Gedanke der ja durchaus naheliegend ist, wenn man Bauch und Hals aufschneidet!

Ich beschwerte mich also nachher beim Arzt, der höchst erstaunt war, wie der Junge auf solche Ängste kam. Verstand ich nicht. Genau die Angst hätte ich auch gehabt, wenn niemand mit mir redet und die Leute so grausam sind. Immerhin versprach er mir, mich beim nächsten mal vorher mit dem Patienten reden zu lassen und zwar so lange, wie er Fragen hat.

Kersti

Fortsetzung:
F2058. Dieter: Ich kann von Glück reden, daß ich eine Arbeit habe, für die ich meine Arme und Beine brauche, sonst hätten sie mir die auch noch abgeschnitten

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben