F2418.

Es gab noch weitere so seltsame Verhöre mit krypischen Bemerkungen und ich war herzhaft genervt

Vorgeschichte: F2413. Hans Hermann von Katte: Letztlich hatte er mir damit indirekt die Erlaubnis erteilt, weiterhin mit dem Prinzen auszureiten

Autor: Hans Hermann von Katte erzählt:
Sie versuchten mich festzunehmen und ich wußte nicht, wie sie darauf kamen. Meines Wissens hatte ich nicht an Stellen geredet, an denen eine Chance bestanden hätte, meine Gespräche mit dem Prinzen heimlich zu belauschen.

Ich versuchte zu fliehen, aber ich kam nicht weit und eine Waffe gegen meine Kameraden ziehen, hätte mit ziemlicher Sicherheit mehr Probleme geschaffen als gelöst. Als mir zwanzig Reiter den Weg versperrten gab ich also auf und übergab ihnen die Waffe.

Ich befürchtete, daß irgendjemand meine Gespräche mit dem Prinzen belauscht haben könnte, auch wenn ich nicht wüßte, wann das hätte sein können. Natürlich konnte ich alles, was ich bisher gesagt hatte, mit "Aber ich wollte dem Prinzen den Unsinn doch nur ausreden!" begründen, auch wenn ich wütend genug war, um das alles inzwischen ganz anders zu sehen. Das hieß aber nicht, daß irgendjemand mir das abnehmen würden, denn dieselben Gespräche kann man auch genauso gut als Planung für einen ernst gemeinten Putsch deuten, da der Prinz nach und nach auf immer klügere Gedanken kam.

Drei verschiedene ältere Ritter hatten mich mit weiteren Beispielen für mißlungene Angriffe auf Herrscher versorgt und mir ausführlich erklärt, warum man Herrscher normalerweise nicht absetzt, weil ein Machtwechsel immer zu viel Schaden anrichtet. Ich sagte dazu nichts, aber ich hatte ehrlich den Eindruck, daß sie selber in derselben ambivalenten Stimmung waren wie ich, nämlich, daß sie ihn doch, wenn sie ehrlich waren, am liebsten einen Kopf kürzer machen wollten. Ich fragte mich, wie ein König auf den idiotischen Gedanken kommen konnte, statt sich in dem Bereich zu bewegen, den man einem Herrscher an persönlichen Unarten gewöhnlich durchgehen ließ, so unausstehlich und untragbar zu benehmen, daß offensichtlich sehr viele Leute der Ansicht waren, es wäre besser, wenn er weg wäre.

Als sie mich von der Zelle zum Verhör brachten, stellte ich fest, daß ich mich geirrt hatte. Sie fragten mich nämlich nach einem Zeitpunkt, wo ich mal wieder auf einem verbotenen Ausritt mit dem Prinzen war. Ich hatte dazu sogar jemanden, den ich als Zeugen bennennen konnte, mir war aber nicht klar, ob es eher klug oder eher unklug war, das zuzugeben, denn ich wußte nicht, um was es ging. Ich fragte zuerst nach, warum sie denn gerade über diesen Zeitpunkt etwas wissen wollten und bekam eine hämische Bemerkung zu hören, daß ich dann ja bestimmt etwas getan hätte, über das ich nicht reden wolle. Irgendetwas an dem Tonfall sagte mir, daß die Situation wirklich gefährlich war und ich sagte, daß sie damit recht hätten, denn ich wäre über die Palastmauern geklettert und hätte einen verbotenen Ausritt mit dem Prinzen unternommen. Ich hätte dazu auch einen weiteren Zeugen, denn ich hatte bei einem bestimmten Bauern wegen des warmen Wetters die Pferde getränkt.

Sie nannten mir einen anderen Ort und fragten mich, ob ich nicht in Wirklichkeit dort gewesen sei. Ich sagte ihnen, sie sollten den Prinzen und den Bauern fragen. Dann fragten sie mich, wo ich Pfeil und Bogen gekauft hätte und ich fragte zurück, wieso ich denn so etwas Albernes tun solle, das Magazin sei doch ausreichend mit Waffen bestückt. Besonders überzeugt wirkten sie nicht und erklärten mir, ich würde schon noch merken, daß ich damit nicht durchkomme. Auf meine Frage, wovon sie eigentlich reden, erhielt ich keine Antwort.

Ich wurde also zurück in die Zelle gebracht und stand weiterhin vor einem Rätsel. Jetzt wußte ich aber immerhin, daß, was immer sie mir unterstellen wollten, etwas mit dem Gebrauch von Pfeil und Bogen zu tun hatte. Mir war schleierhaft, warum ich eine mir derart unvertraute Waffe hätte verwenden sollen, wenn ich irgendetwas Unmoralisches vorgehabt hätte, schließlich konnte das nur schief gehen! Bis man eine Waffe wirklich beherrscht, dauert das Jahre. Daher sollte man etwas verwenden, womit man umgehen kann, wenn man einen Anschlag plant.

Es gab noch weitere so seltsame Verhöre mit krypischen Bemerkungen und ich war herzhaft genervt.

Es gab dann eine Gerichtsverhandlung, bei der tatsächlich der Prinz zu meinen Gunsten aussagte, während der König ernsthaft behauptete, ich hätte mit Pfeil und Bogen auf ihn geschossen und das an einer Stelle, die ich in meiner knapp bemessenen Freizeit nicht einmal dann hätte erreichen können, wenn ich nicht heimlich über die Mauern des Palastes dazu hätte klettern müssen. Glücklicherweise war der Richter klüger als der König und rechnete aus, daß ich zwischen Dienstende und Anschlag gar nicht zum Ort des Geschehens hätte gelangen können, auch nicht, wenn ich mit mehreren Wechselpferden im gestrecktem Gallopp geritten wäre, wie das mit Eildepeschen geschieht. Außerdem war mein Pferd nun mal kein Rennpferd, sondern eines, was für die Hohe Schule über der Erde gezüchtet war.

Kersti

Fortsetzung:
F2402. Hans Hermann von Katte: Irgendetwas an dem, was ich machte, schien dem König zu gefallen

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben