erste Version: 7/2023
letzte Bearbeitung: 7/2023

Der verschwundene Flottenkommandant

F2488.

Der Arzt Telos war nicht nur für mein Überleben zuständig, auch wenn das offensichtlich der Teil seiner Arbeit war, mit dem er sich irgendwie noch identifizieren konnte

Vorgeschichte: F2480. Kemal: Ich glaube, daß mich die Tatsache, daß ich mich selber ebenfalls mal einem Gehorsamstraining unterziehen hatte müssen, mich zu einem besseren Gehorsamstrainer gemacht hatte

Tyros erzählt:
Der Arzt Telos war nicht nur für mein Überleben zuständig, auch wenn das offensichtlich der Teil seiner Arbeit war, mit dem er sich irgendwie noch identifizieren konnte. Er sollte mir auch Elektroden in die größten Nervenzentren des Körpers einpflanzen, die dazu dienen sollten, mich ein Jahr lang zu foltern. Darüber hinaus pflanzte er in meinen Hals eine Kanüle ein, über die ich künstlich ernährt werden sollte und es wurde ein künstlicher Darmausgang gelegt, da sie auch in meinen Hintern eine Elektrode einführten. Danach würde mein Körper der Wiederverwertung zugeführt, da er zu krank war, um damit noch eine richtige Arbeit zu tun. Mir wurde gesagt, daß meine Seele danach vernichtet würde, aber ich wußte, Buddha wird mich retten, sobald mein Körper tot ist.

Ich nahm es ihm nicht wirklich übel, daß er tat was ihm befohlen worden war, denn ich konnte mich noch sehr gut an meine letzte Gefangenschaft erinnern, wo ich einen Monat lang gefoltert worden war, bevor sie mich umbrachten. Fleisch von gefolterten Menschen gilt bei ihnen als Delikatesse. Die Erinnerungen von damals kamen jetzt wieder hoch und ich fühlte mich wie gelähmt, als mir bewußt wurde, daß es wieder so werden würde. Ich fühlte mich fast wieder wie damals, als ich mich nie gewagt hätte, irgendeinen Befehl nicht zu befolgen, weil was immer dann passiert schlimmer ist, als hätte man getan, was befohlen worden war. Und ich hatte mir ernsthaft zugetraut, daß ein ganzes Jahr durchzuhalten, ohne davon völlig kaputt zu gehen? Wieso hatte ich eigentlich geglaubt, ich hätte das vollständig aufgearbeitet?

Nach der Operation kam eine zweite Person, die wie ich sah keine Seele hatte. Buddha war da anderer Ansicht, er meinte ja, so etwas gäbe es nicht, er könnte in jedem Körper mindestens eine Seele sehen. Aber wie immer er zu seinen Schlüssen kam, ich konnte in diesem menschlichen Körper keine Seele entdecken. Er war innerlich nur grauer Staub. Das seelenlose Wesen stellte sich mir als Kemal vor und erklärte mir, daß er mein Gehorsamstrainer wäre.

Während mir die Elektroden eingepflanzt wurden, hätte ich mich nicht wehren können, selbst wenn ich es versucht hätte, weil sie so eine Maschine hatten, die einen dann lähmt. Als mir danach der Befehl gegeben wurde, die Funktionsfähigkeit der Elektroden zu testen, konnte ich mich bewegen, wie ich wollte, aber ich hatte zu viel Angst dazu. Also tat ich das der Reihe nach, wie mir Kemal es befohlen hatte, weil die lähmende Angst von früher mir jeglichen Ungehorsam unmöglich machte. Jedes mal bekam ich an der betreffenden Körperstelle einen Schock, der dann Schmerzreize im gesamten Körper nach sich zog. Erst nach einer Zeit, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, gelang es mir wieder, außer Schmerzen noch etwas anderes wahrzunehmen. Dann kam der nächste Befehl, den ich aufgrund meiner lähmenden Angst brav ausführte. Trotzdem fand er einen Grund, mich für Ungehorsam zu bestrafen, weil ich nicht gewußt hatte, daß ich mich auf seine Nachfrage für die Folter hätte bedanken sollen und welche genaue Formulierung ich hätte verwenden sollen. Ich wußte, daß er das absichtlich so gemacht hatte, um mir vorzuführen, daß die Strafe schlimmer ist als das, was ich mir selber antue, wenn ich tue, was er sagt. Ich wußte auch, daß man zwar seltener bestraft wird, wenn man sein Bestes tut, um zu gehorchen, daß es aber unmöglich ist, seine Sache so gut zu machen, daß man nie zusätzlich bestraft wird. Bei den früheren Gehorsamsübungen, die ich bei meiner letzten Gefangenschaft erlebt hatte, war das Tempo der Befehle allmählich so erhöht worden, daß ich mir am Ende bei der Hälfte der Befehle Strafen einfing, weil ich vor lauter Schmerzen nicht in der Lage gewesen war, die Befehle zu verstehen.

Nach diesem ersten Test wurde ich zu einem Gerät gebracht, an dem ich festgeschraubt wurde, so daß ich nur noch einen Arm bewegen konnte, der, weil meine Hand zerschossen worden war, am Handgelenk endete. Sie hatten mir einen Metallstift eingpflanzt, mit dem ich jeweils ein Farbiges Feld mit einer Zahl berühren sollte, das sie mir nannten und zu jedem dieser Felder gehörte eine der in meinen Körper eingepflanzten Elektroden. Immerhin war die Verletzung inzwischen geheilt, daß mir wenigstens der Arm selbst nicht wehtat, wenn ich tat, was befohlen wurde.

Die Gehorsamsübungen, so wurde mir erklärt, bestanden jeweils aus zweistündigen Übungseinheiten, zwischen denen jeweils zwei Stunden Pause waren. Nachts dürfte ich acht Stunden schlafen. Strafen würden die Länge der Übungseinheiten verlängern. Das kannte ich schon vom letzten Mal. Daher tat ich mein Bestes, um jeden Befehl unverzüglich richtig auszuführen. Bei Gehorsamsübungen kann man duch Ungehorsam nichts gewinnen.

Abends kam Kemal und lobte mich, ich hätte die Übungen sehr gut gemacht. Das hatte er tagsüber auch schon mal getan, als er vorbeikam. Diesmal fragte er, ob ich denn schon einmal Gehorsamsübungen gemacht hätte. Ich sagte ihm, daß das tatsächlich der Fall war. Er meinte, es wäre schade, daß ich versucht hätte, die Erde zu vernichten, sonst hätte ich sicherlich in die Wissenschaftlerkaste aufsteigen können.

Ich sah ihn verblüfft an, denn das klang ja fast, als würde er mich mögen und mir wünschen, daß es mir besser geht! Der andere Gehorsamstrainer damals war ebenfalls seelenlos gewesen, aber er hatte nie ein freundliches Wort für mich übrig gehabt.

Kersti

Fortsetzung:
F2481. Kemal: Buddha, das war ein Name, den man immer wieder hört, wenn in der Galaktischen Konföderation etwas anders und vernünftiger läuft als gewohnt

Quelle

Erinnerung an ein eigenes früheres Leben.
V12. Kersti: Hauptfehlerquellen bei Erinnerungen an frühere Leben